Akte X - Der Film und das UFO-Marketing

Die Fangemeinde der X-Philes wurde auf allen TV-Kanälen mit Trailern eingestimmt und die TV-sowie und Film- Zeitschriften trommelten zum deutschen Filmstart am 6. August 1998 genauso mit, wie Nachrichtenmagazine.
Bereits Mitte-Ende Juni/Anfang Juli reagierten auch wir und verschickten an alle Film-Fachzeitschriften (zwischen Cinema und Moviestar) sowie Fernseh-Illustrierten (zwischen Hör Zu und TV Today) Einsendungen, um darum zu bitten, bei entsprechenden, abzusehenden Berichterstattungen zum Akte X-Film  a) auf die CENAP-Internethomepage (http://www.alien.de/cenap) zu verweisen und b) entsprechende Links von den Original-Homepages der Zeitschriften zur CENAP-Homepage zu schalten, damit die Zeitschriftenkunden hierdurch einen bequemen Service geboten bekommen, welcher zudem keinen nennenswerten Aufwand bedeutet und nach außen imstande ist, das 'Verantwortungsbewusstsein' der entsprechenden Redaktionen quer durchs Land zu demonstrieren. Hiermit sollten am UFO-/Alien-Akte-X-Spuk interessierte Personen weitere aufklärende Hintergrundinformationen zur Hand bekommen, um den Inhalt und die "Realiltät" des gesamten Problemkreises besser verstehen zu können. Zudem sollten insbesondere Eltern und Lehrer für ihre Gespräche mit ihren Kindern oder Schülern Argumentationshilfen zu Hand bekommen, die sie selbst wahrscheinlich gar nicht haben. Bereits in den letzten zwei Jahren hatten wir entsprechende schriftliche oder telefonische Anfragen aus der Bevölkerung betreffs dem "Akte X-Wahn" ihrer Zöglinge erhalten, gerade auch seit Frühjahr 1998 hatte sich dieser Trend 'X-treme' verschärft, da überall im Land Schülerprojekte sich um den Themenkreis bildeten und hierzu Material angefordert wurde. Doch keine der Zeitschriften reagierte in der erbetenen, sinnvollen Weise. Natürlich wurden zigfach diverse X-Files-Links in den Zeitschriften genannt bzw. auf den eigenen Homepages dann in den Folgewochen geschaltet (die Idee griff man als solche also auf), aber wir blieben außen vor. Interessant nicht wahr?
Die Mystik hält wieder Einzug in unser Leben. Nach Jahrzehnten der rationalen Erklärungen durch die etablierten Wissenschaften beschäftigen wir uns heute trotzdem wieder mehr mit dem nicht Erfassbaren und Übersinnlichen. Und heute will die moderne Wissenschaft uns die Mythen wegnehmen. Vielleicht herrscht in weiten Teilen der Bevölkerung der Wunsch nach einer Überwindung dieser säkularisierten, entmystifizierten Welt vor und der Weg back to the roots zu atavistischen Aberglaubensvorstellungen?
Offensichtlich ist auf jeden Fall, dass der erneute Ausbruch von Aberglaubensvorstellungen, Okkultismus und Spiritismus dem nicht widerspricht. Offensichtlich ist aber auch, dass der Kosmos der Para-Mythologien mit den diversen esoterischen Krakenarmen sowie paranoiden Verschwörungs-Klauen die Ordnung der Welt erschüttert. Hier verschwinden Gewissheiten und man stellt einen anderen, wenn auch allgemein akzeptierten und gesellschaftlich kompatiblen Mythos unserer Zeit in Frage: Den Glauben der Menschen, alles unter Kontrolle zu haben. Die Erfolge des New Age und der Esoterik, die Bestseller sensationsträchtiger Schreiberlinge und die Eiferer neuer "grenzwissenschaftlicher" oder "paranormaler" Zirkel, die ihren Glauben an diese Grenzbereichs-Erfahrungen ausdrücken und damit den neuen Kult fördern, stehen dieser Frage auch nicht negativ bescheidend gegenüber. MYSTERY heißt der neue Trend mit dem der Mensch versucht die Mythen der Welt wieder dazu zu berufen was sie für uns bedeuten sollen:
Die Wiederverzauberung des Menschen als Kontrapunkt zur Kälte der (wissenschaftlichen, alles erklärenden und rationalen) Welt und die Abgabe der dauernden Verantwortungsbeuerde an höhere Mächte bei denen der Zauber durch düstere, unerklärliche Kräfte wirkt. Hier bekommt die Technik eine Seele zugeschrieben und hier werden Geheimnisse bewusst konstruiert und produziert. Der Mystery-Trend lebt davon, weil Geheimnisse den Menschen aufgrund seiner Neugierde magisch anziehen. So ist es zu erklären, das laut einer Emnid-Umfrage über 10 Millionen Deutsche an Außerirdische glauben und gar 52 Millionen sich einem Wunderheiler anvertrauen würden. Das Verlangen nach mysteriösen Geheimnissen, Vorgängen und Welten entspringt unterschiedlichen Quellen.
Die Esoterik und das UFO-Thema boomen, vor allem die Frage nach verborgenen Welten, okkultem Wissen und Wesen, die nicht von dieser Welt stammen. Noch nie ist in der Geschichte unseres Fernsehens so viel Geheimnisvolles, Paranormales und Außerirdisches über den Bildschirm geflimmert. Phantastische Serien, Talkshows und Berichte zu diesen Themen haben sich im Programm festgesetzt, wenn auch eher auf einer Schiene die man dem Info- und UFOtainment zuzuschreiben hat. Schuld daran ist sicher der sogenannte Kult um die Akte X-Serie, die sich Pro7 als Schnäppchen angelte und gerade zu einer hohen Zeit der UFO-Publizität und -Popularitität in diesem Land einen Hit landete. Trotz der alten Schule der UFO-Enthusiasten litt das Thema immer unter seiner Präsentation und einem Imageproblem, was ihm die Glaubwürdigkeit bei dem ohnehin kontroversen Problemfeld untergrub. Doch die Akte X als Fernsehserie erweckte mehr öffentliches Interesse als man ihr gemeinhin zugesteht. Ja, Akte X hat in den 90er Jahren hauptsächlich die Verantwortung dafür zu übernehmen, dass viele nichtsahnende Fernsehzuschauer in die dunkle, faszinierende und zugleich frustrierende Welt des Paranormalen und der UFOs gelockt wurden. Ihr Reiz fing damit an, dass sie sich auf UFOs und Aliens konzentrierte während gleichsam immer neue wissenschaftliche Höhenflüge im Bereich der Space-Exploration die Menschen begeisterten. Der seriöse wissenschaftliche Exkurs dagegen findet so gut wie nie statt. Im Fernsehen schon gar nicht, weil, wie der Kommunikationspapst Neil Postmann einmal sagte, "der Ausdruck 'seriöses Fernsehen' ist ein Widerspruch in sich". Es reicht der interkulturelle Glauben an dieses oder jenes Para-Phänomene und ein bisschen bunte TV-Unterhaltung die pseudo-ernsthaft verpackt dageboten wird, um die Sache als Pop-Kult auszugeben. Doch was ist, wenn dies alles nur "Schutt und Asche" darstellt? Davor scheint so mancher die Augen aus Angst zu verschließen und besonders engstirnige Scheuklappen anzulegen.
Anders ist es nicht nachzuvollziehen, warum so wenige UFO-, Alien- und Para-Fans z.B. nach belegten Beweisen und ihrer wissenschaftlichen Verifizierung fragen. Unterschwellig scheint niemand tatsächlich zu glauben, dass das Thema auf der Ebene der seriösen Wissenschaften liegt, sonst würde man ja bei den UFO-Behauptungen ganz automatisch die Wissenschaft in einem breiten gesellschaftlich-getragenen Konsens auffordern, sich damit zu beschäftigen. Aber als die Sommer 1998 der Stanford-Wissenschaftler Dr. Peter Sturrock auf Unterstützung von Multimillionär Rockefeller eine institutionalisierte UFO-Studie von der Wissenschaft abforderte, blieb das öffentliche Echo in Form einer auch nur ansatzweisen Unterstützung hierfür aus! 

Natürlich ist auch der Mangel an kritischem Denken schuld daran, wenn z.B. der UFO-Glaube sehr verbreitet ist und mit Spekulationen wie Wunschdenken überbordet daherkommt. Wer fordert schon nach wissenschaftlich haltbaren Beweisen, die auch zur Debatte gebracht werden, wenn die reine Unterhaltung das UFO-Phantom allein schon ausreichend ist um auf Stammtisch-Niveau sich ein passendes Weltbild zurechtzuzimmern? Sicherlich muss auch gesagt werden, dass das Thema von manchen Menschen akzeptiert wird, wie viele anderen Mythen der modernen Zeit ebenso - ohne sich groß Gedanken über die Stichhaltigkeit zu machen. Dies gilt für die Produzenten genauso wie für Konsumenten, obwohl bei den Vertretern der Anbieter mehr moralisches Verantwortungsbewusstsein, journalistische Professionalität (mit den dazu gehörendem Ehrenkodex!) und Sorgfalt einzufordern ist. Der gelernte und ausgebildete Journalist lernt seine Geschichten auf Tatsachen und Fakten aufzubauen, nicht auf Hörensagen und Spekulationen. Bei einem Versagen dieser Ansprüche und Vorgaben des Handwerkzeugs öffnet sich natürlich der Propaganda und öffentlichen Irreführung Tür und Tor - und dies ist ein gefährliches Spiel (gerade auch, wenn man sieht, wie oft auch Neben- oder Quer-Einsteiger ohne journalistische Ausbildung ins Business vorstoßen). So kommt es schon vor, das sich Blender hervortun und schnell an die Spitze hochsteigen wollen, um mittels billiger 'Stories' und Quoten diesen Weg zu beschreiten. Unter dem Motto "Erzähl mir etwas was die Leute interessiert, dann kommst Du in die Glotzkiste!" scheint es manchmal abzugehen, wofür insbesondere die Talkshows anfällig sind. Im Zeichen des $ gibt es dann keine moralisch- begründete Selbstzensur mehr und alles muss über den Sender, was irgendwo schrill und knackig ist. Wie Harald Schmidt und Thomas Gottschalk im Stern vom 18. Februar 1999 auspackten, wird hier "gelogen, betrogen, getrickst und geschoben" was das Zeug hält.
Produktionen werden geradezu "zusammengenagelt", von dem jeder Beteiligte weiß: "Hier soll ein Ergebnis her, das gar nicht zu erzielen ist." Da die Menschen für ihr wirkliches Leben kein Fernsehen brauchen, tischt man ihnen eine Lügenwelt auf, dazu zählen dann auch UFO-Phantastereien - mal ehrlich, wer braucht schon analog dazu die harmlosen UFOs des Alltags, wenn sie nicht zu spacigen Weltraum- Stories hochgezogen werden? Wie viele Menschen wurden schon durch die allgemeinen wie auch ufologischen Medienmacher genarrt und bekamen ein falsches Bild vom UFO-Phänomen aufgesetzt, allein schon deswegen weil totale Unausgewogenheit in der Darstellung vorherrschte? Wir wissen es nicht, aber der UFO-Boom der späten 80er Jahre bis hin über die Mitte der 90er hinaus ist von den genannten Promotern künstlich hochgezogen worden, indem sie ihre Irrlehre verbreiteten und ihre Medien hierfür fanden. Zu viele vor allen Dingen junge Menschen haben die Realität der UFOs nur anhand der Tatsachenbehauptungen von UFOlogie-Traumverkäufern akzeptiert, ohne die Bürde der Wissenschaft zu nehmen. Ein "Glaube" baute sich auf, der am Mangel an Beweisen seiner Inhalte schwer erkrankt ist und vom Faktor "Ich will es einfach glauben" beseelt. Der richtige Name hierfür ist 'Aberglaube' oder zumindest 'Wunschdenken'. Die unkritische Darstellung von UFO-Inhalten und die SF-Welle mit ihren eindrucksvollen Bildern formten die Vorstellungskraft im Zeitalter der Weltraumerkundung mittels dem Hubble-Weltraumteleskop und angeblich immer mal wieder entdeckten Begleitern von fernen Sonnen. Die junge Generation ist doch damit aufgewachsen, für sie ist die Alien-Idee total normal. Sicher werden viele Konsumenten erkennen, dass davon vieles einfach nur Spekulation und phantastische Erfindung ist, aber im Unterbewusstsein werden wahrscheinlich doch Ideen und Konzepte übernommen und in die intellektuelle Betrachtung des Makrokosmos eingebracht, insbesondere bei Menschen mit mangelnder Lebenserfahrung.
Der Mystery-Sender Pro7 ließ es sich nicht nehmen, anlässlich des Filmstarts einen "Akte X-Event" für den 3. August 98 anzusetzen, der aus Sommerloch- Wiederholungen von drei Teilen aus der TV-Serie bestand (hierfür gab es jeweils etwa 3 Millionen Zuschauer, lt. GfK). Um noch Quote zu ziehen, brachten zig Tageszeitungen begleitende "Programm-Informationen" für den (Pseudo- und leere Worte-)"Event" sowie zum Filmstart. Das Publikum wurde richtiggehend "heiß" gemacht, die PR-Maschine lief genauso heiß. In der Abendzeitung vom 3. August wurde die Chefin, Silvia Rietdorff, des deutschen Akte X-Fanklubs in Berlin interviewt, Schlagzeile hierzu: Gucken allein reicht nicht. Das Interview ist für unsere Betrachtung nur in dem Punkt interessant, dass Silvia Rietdorff selbst nicht an Außerirdische glaubt, so wie sie in der Kultserie vorgestellt werden. Weitaus wichtiger war ein abgesetzter Kasten mit Kurzerläuterungen zur X-Mania. Sicher ist, dass die Serie dem deutschen Sender zwischen vier und fünf Millionen Zuschauer bringt, regelmäßig. Dem Sender ist es angeblich selbst unheimlich, was man da losgetreten hat. Arnd Mayer von Pro7 gegenüber des Münchener Boulevardblatts: "Für viele Fans ist Akte X schon ein Religionsersatz. Die rufen dauernd an, bieten alles Mögliche für interne Informationen und gleiten aus der Realität ab, erleben etwa Entführungen durch Außerirdische. Das macht uns manchmal richtig Angst." Man gibt das Opium fürs Volk aus und wundert sich dann, wenn der sanfte Wahn durch die Applikation der 'bewusstseinveränderten Droge' mancher Zuschauer eine schräge Realitätssicht bekommt. Tatsächlich trifft man immer wieder Leute, die fälschlicherweise die Vorstellung haben, Akte X würde Ereignisse nachstellen, die wirklich so geschehen sind. Tatsache ist auch, dass die Akte X das Interesse des Zuschauers am Seltsamen, Wunderbaren und Finsteren nährt. Dies gesteht selbst Jane Goldman zu, die im Kölner Verlag vgs das Buch Die wahren X-Akten: Das Buch der unerklärlichen Phänomene herausbrachte und sich als X-Files-Fan outet. Das damit verbundene Problem, wie es dann auch Mayer umzirkelte, ist also in der "Branche" durchaus bekannt! Bereits im Condon-Report wurde 1969 deutlich gewarnt, dass "Kinder in ihrer Entwicklung Schaden erleiden, wenn sie unpassendes und falsches Material über UFOs absorbieren, als ob es wissenschaftlich haltbar wäre". Im Januar 1954 gab es bereits eine dpa- Agenturmeldung aus Washington, wonach die USAF und ihr UFO-Projekt unter einem Papierkrieg nicht mit dem Pentagon oder dem Kongress leide, sondern mit öffentlichen Anfragen bzw. Briefen. Wie es heisst, kommen 75 Prozent aller Zuschriften von Jugendlichen, die USA-Luftwaffe gibt für diesen Papierkrieg monatlich mehrere Tausend Dollar aus, Mittel die für die reale UFO-Forschung fehlten und verlorene Zeit, die beim kleinen Stab von Projekt Blaubuch für die echte Forschungsarbeit abging.
Darüber hinaus aber zeigt sich historisch, dass das UFO-Thema schon immer Jugendliche 'rebellisch' machte und auf wirre Vorstellungswelten einsteigen ließ. Dies hängt mit ihren kurzsichtigen und engstirnigen Visionen zusammen, die junge Leute nun mal haben. Bereits John A. Keel hatte in seinem Buch "UFO - Operation Trojan Horse" gewarnt:

"Der leichtfertige Umgang mit UFO-Erscheinungen kann genauso gefährlich werden wie die Beschäftigung mit der Schwarzen Magie. Das Phänomen zieht Neurotiker, Leichtgläubige und Unreife gleichermaßen in seinen Bann. Die Folge sind häufig paranoide Schizophrenie und Besessenheit. Eine oberflächliche Neugierde für die geheimnisvollen UFOs kann in eine zerstörerische Manie umschlagen. Aus diesem Grunde möchte ich Eltern mit Nachdruck empfehlen, ihren Kindern jede Beschäftigung damit ernstlich zu verbieten. Lehrer und andere Erzieher sollten die Jugendlichen nicht dazu anregen, sich für dieses Thema zu interessieren."
Parallel dazu stellt das Kölner Ifep-Institut im Auftrag des Hamburger Magazins Stern fest, dass die Jugendlichen eine schlechte Allgemeinbildung besitzen. Man hatte 1960 Jugendlichen zwischen 14 bis 16 Jahren mit 40 allgemeinen Fragen aus Politik, Geschichte, Naturwissenschaften und Kunst konfrontiert. Im Durchschnitt wurden nur 30 % richtig beantwortet; so wussten nur 17 Prozent was ein Lichtjahr ist und nur 8 % kannten die Stadt, welche Sitz des Europaparlaments ist. Auch bei der Ludwigshafener BASF wird bereits seit Jahren festgestellt, dass die Grundkenntnisse bei Lehrstellenbewerbern in Deutsch und Mathematik rapide zurückgehen. Nach einer aktuellen OECD-Studie verliert die Bundesrepublik sogar den Anschluss an das Bildungsniveau westlicher Industriestaaten. Es wird zuwenig gelesen, und wenn, dann oft bloß noch die Gebrauchsanleitung für das neue Videospiel der Bildschirm-Bildungs-Generation und die populären Mystery- Magazine. Hier wird die Mystery-Welle wirklich zum Mist. Um so unverständlicher ist dann, was noch folgen sollte...

Die Geister, die der Sender rief, wird er nicht los (er tut auch nichts dagegen)

Was fiktionalisiert über den Bildschirm flimmert (und selbst vom Schöpfer Chris Carter auch so gemeint ist, obwohl er sich den Para-Schlagzeilen der sensationsgeilen Boulevardpresse bedient), wird vom Publikum "factionalisiert" empfunden, der geschickte Mix aus ein paar wenigen Fakten, pseudodokumentarischen Stilmitteln der Traumwelt Hollywoods und einen ungeheuren Schuss Unbewiesenem lässt die Menschen für sich einnehmen. Solches TV- oder Film-Material befriedigt unser aller Wunsch nach dem Mysteriösen, dem Unfassbaren und dem Unwahrscheinlichen - sicherlich ist dies auch das Erfolgsrezept für alle sogenannten Para- oder Grenzwissenschaften. Im Zeitalter des Space Age passen da natürlich UFOs (in der besonderen Konzeption als Raumschiffe von anderen Welten) sowie Aliens (als Insassen der UFOs) grandios in die zeitgenössische Kultur, welche unter dem Eindruck der "kosmischen Perspektive" steht. Kein Wunder, wenn heute schon Zehnjährige als Bibliotheksbenutzer gezielt nach UFO-Büchern fragen, anstelle nach Werken von Enid Blyton oder anderen Kinder- und Jugendbuchautoren (dies stellte Christian Brachthäuser, selbst Diplom-Bibliothekar in Siegen fest). Die Auswirkungen des großen TV-Orakels und der Medien-Hype mit einer weitgehend falschen Darstellung des UFO-Problems im Zeitalter der Alien-Diskussion sind hier deutlich als soziopsychologisches Phänomen unserer Kultur festzustellen. Fernseh-Konsum von künstlichen TV-Phantasien löst zudem noch Realitätsverlust aus und setzt Entführungs-Phantasien frei. Welch ein Eingeständnis allein schon durch einen Pro7- Verantwortlichen! Und unter diesen Umständen erfährt die UFOlogie neuen Zulauf, was diese wiederum beeinflusst. Dabei ist schon die alte Schule der UFO-Freunde des Phantastischen schwer angeschlagen, weil sie unter ihrer Präsentation und dem damit verbundenen Imageproblem schon immer litt. Ob nun mit der 'Blutauffrischung' der Akte X-UFO-Generation die Glaubwürdigkeit eines seit ehedem kontroversen Thema gut tun wird, möchten wir stark bezweifeln. Die Verrücktheiten des UFO-Gebiets selbst schlagen wechselseitig auf die neue Jüngerschaft über, weswegen solche fragwürdigen Themen wie "Area 51" oder "Rindvieh-Verstümmelungen" bis hin zu "Entführungen" sowie dem "Marsgesicht" vitalisiert wurden. Dies sorgte natürlich sofort für ein zweiseitiges Fax von uns an den Sender, um unsere Hilfe anzubieten, künftig eine beratende Funktion für entnervte Eltern oder Lehrer mittels unserer Hotline und der Internet-Homepage für jene wahrzunehmen, die sich beim Sender melden und auf den Boden der UFO-/ Alien-Realitäten zurückgeführt werden müssen. Eine Reaktion darauf erfolgte natürlich nicht, was uns schon ganz neugierig auf das um 19:45 h angesetzte Taff -Spezial in Sachen "Die wahren X-Akten" machte (Zuschauer: 1,66 Millionen - eine halbe Millionen mehr als eine Woche zuvor für einen pseudosensationellen Hauptbeitrag in Sachen UFOs mit aufklärerischem Charakter bei Sat1 und seinem neuen Wissenschaftsmagazin Planetopia!). Was uns da aber Moderatorin Britta Sander überbordet sensationell feilbot, kam wieder aus der Konserve und hatte einen schweren Hang hin zum Boulevard- und Sensationsjournalismus. Knallbunte Schlagworte wie "Die geheimnisvollen Fälle aus der Akte X existieren tatsächlich" oder "UFOs, Außerirdische, Begegnungen der dritten Art: Es gibt sie doch! Nick Popes Auftrag war top secret, doch jetzt packt er aus" könnten direkt der BILD entsprungen sein. Und was ist nun mit den "wahren X-Akten"? Claus H. Bick, 63, wird als Gehirnforscher zu Worte kommen gelassen (sein MUFON-CES-Bezug wurde verschwiegen, wo er eine wichtige Rolle im Fall der angeblichen UFO-Entführung von Langenargen, 24. Februar 1977, spielte): "Die in Akte X dargestellten Phänomene existieren wirklich, davon kann man ausgehen!"
Interessanter Weise wird aber verschwiegen, das selbst Drehbuchschreiber und Regisseur Chris Carter als Vater der Akte X selbst gar nicht daran glaubt, was er da so glaubwürdig auf den Bildschirm bringt. Kann man wirklich daran glauben, dass der liebe Herr Bick an gestaltenwandlerische Monster und Ungeheuer glaubt...? Wir nehmen mal an, das glaubt er wirklich nicht. Andererseits, wenn man sieht, was MUFON-CES schon alles für echte UFO i.e.S. hielt... Die Frage ist gerechtfertigt: Wusste Bick, was er da sagte, gerade in Anbetracht der teilweisen Hysterie, in welcher sich die X-Philes befinden, so wie es ein Pro7-Vertreter zugestand...? Ein Bewusstseins-Forscher, wie Bick es ist, hätte hier tatsächlich mehr Verantwortungsbewusstsein an den Tag legen und Zurückhaltung üben können.

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