Die Wirklichkeit der Medien


"Wir sehen nichts, was ist. Wir sehen nicht einmal. Wir glauben zu sehen."
Titel einer FAZ-Schlagzeile zum Fall des Medien-Fälschers Born


Jahrzehntelang waren UFO-Berichte hauptsächlich Gegenstand der gedruckten Presse oder wie man sie neudeutsch nennt, den Printmedien (den Zeitungen, Zeitschriften und Illustrierten) - traditionell in der Gewahrwerdung zwischen Pro und Kontra angesiedelt. Die Rolle der Medien bei Darstellungen über Phänomene der Anomalistik darf man nicht unterschätzen. Denn für viele Menschen ist etwas allein schon deswegen "wahr", weil es in den Zeitungen gestanden hat oder im Fernsehen gezeigt worden ist. Ungeklärte, unbewiesene und faszinierende Ereignisse aus der Welt des Paranormalen werden von Presse, Funk und Fernsehen so oft wiederholt, bis eine Produktion von Wirklichkeit entsteht, der sich dann "Nachredner" als "unbestreitbare Tatsachen" bedienen können und schon hat sich ein medialer Selbstläufer-Mythos entwickelt. Die Presse trug schon immer die Hauptlast der Verantwortung in der Information der Öffentlichkeit zum übersinnlichen, überirdischen und außerirdischen Themen wie z.B. auch UFOs. "Kritische Stimmen haben es schwer, durch den Wust von immer neuen Sensationsmeldungen hindurch das strapazierte Ohr der Bevölkerung zu erreichen... 

Zum anderen hat die UFO-Debatte Geschäftemacher auf den Plan gerufen, die ganz gezielt ein gesellschaftliches Umfeld für den UFO-Glauben aufgebaut haben, und die sich mit immer neuen 'Enthüllungen' auf Jahre hinaus ein erkleckliches Auskommen sichern können... Grundlage zu dieser Art von Gerücht ist eine 'affektive Spannung', die ihre Ursache in einer 'kollektiven Notlage beziehungsweise Gefahr oder in einem vitalen seelischen Bedürfnis hat'... 

"Der UFO-Glaube verkündet eine rettende Botschaft. Darum vermag er vagabundierende Glaubenskräfte anzuziehen..." schrieb am 21. Juli 1990 Bernd Harder in seinem Feature-Artikel der Saarbrücker Zeitung in seinem Artikel "Sie sahen aus wie Fliegende Untertassen..." nieder und umfasste hier bereits schon das Problemfeld.

Das Ganze ergibt ein Spannungsfeld: Die einen suchen Informationen, die anderen sind süchtig danach. So teilt sich die Welt in Journalisten und ihr Publikum in der Massen- und Medien-Demokratie. Wer dem Geschmack des Massenpublikums entgegenkommt ist im Geschäft, wer dies nicht tut, ist raus aus dem Geschäft - so einfach ist es. Der UFO-Aberglaube ist das Fandom der Freunde des Phantastischen und nicht das Reich der Aufklärer, Entmystifizierer und Geheimnislüfter. Dieses UFO-Fandom liebt gute Geschichten und kosmisches Seemannsgarn, deswegen wird es für sie gesponnen aus dem güldenen Haar einer himmlischen Lorelei. Die Medien bilden den Mittelpunkt, der Mensch hängt in ihrem Netz, und offen bleibt, wer darin die Spinne ist und wer die Fliege. Wie sagte irgendjemand aus dem UFO-Feld einmal? "Die UFOs sind für die Presse irgendwie ihr Idioten- Kind!" Tatsächlich wiesen bereits Gallup-Umfragen nach, dass mehr als 90 % jener Leute, die angaben von UFOs gehört oder gelesen zu haben, ihre Hauptinformationsquellen als die Tageszeitungen benannten. Und hier ist zu differenzieren: Der Hauptanteil der UFO-Berichterstattung findet sich zu etwa 60 % in den sogenannten 'Provinzblättern' (Heimatpresse) wieder, etwa 20 % in den über- regionalen Zeitungen, der Rest verteilt sich auf das Spektrum der Zeitschriften. Eine Erklärung hierfür ist sicherlich, dass die eingehenden UFO-Berichte dort eher als lokale Nachricht empfunden werden und zum kleinen, bunten Gemeindegeschehen zählen, außerdem will man auch die Luft der großen weiten Welt schnuppern und hat in aller Regel auch mehr Platz. In den großen überregionalen Zeitungen erscheinen dann meist nur spektakuläre Agenturmeldungen, auf dieser Basis sind dann auch die Boulevardblätter angesiedelt, die sogar einen Schritt weiter gehen und ausgefallene internationale Meldungen verbreiten. In die Zeitschriften schließlich dringen meist kunterbunte Sensationsmeldungen mit viel Bildmaterial vor. Je größer das Medium, je verrückter die Storys? Es fällt schwer, dagegen etwas zu setzen, gerade auch anhand unseres nachfolgenden Beispiels, welches die Eskalation des UFO-Wahns durch die Medien belegen soll.

Australien: Hunderte sahen UFOs! hieß es in der Schlagzeile vom 2. Mai 1995 dem Boulevardblatt BZ: Die private UFO-Hotline in Australien stand am Wochenende nicht still. Hunderte berichteten von eiförmigen UFOs mit einem orangeroten Lichtschein. Auch die Uhrzeit der seltsamen Beobachtungen stimmte überein. Ross Dow von der Hotline: "Die Sichtungen liegen soweit entfernt, dass ein Schwindel fast ausgeschlossen ist."
In anderen Zeitungen dagegen waren a) weitergehende Angaben und b) die Erklärung des Spektakels nachzulesen. Selbst BILD schrieb: Laut und grell! Meteorit erschreckte Millionenstadt - Licht, so grell wie ein Atom-Blitz.
Ein Knall, als ob ein Flugzeug die Schallmauer durchbricht: Meteoriten-Einschlag in Australien. Der Gesteins-Brocken raste in 20 Kilometer Höhe mit 18.000 km/h über die 1,2-Mio-Stadt Perth hinweg. Experten: "Der Meteorit ist beim Eintritt in die Erd-Atmosphäre zu einer fußballgroßen Eisenkugel zerschmolzen." Sie ging 85 km entfernt in einem Waldgebiet nieder. Die Erschütterungen ließen Häuser wackeln. 
Grell wie ein Atom-Blitz, wie übertrieben, BILD-mäßig eben doch. Der Berliner Zeitung blieb hinter den Katastrophen-Meldungen von dpa zurück und damit bei den Fakten: Fußballgroßer Meteorit schreckte Australier.
Ein fußballgroßer Meteorit hat gestern morgen Tausende von Bewohnern der westaustralischen Stadt Perth aus den Schlaf gerissen. Um zwei Uhr Ortszeit raste der Himmelskörper in nur etwa 20 km Höhe über die Millionenstadt hinweg. Der enorme Überschallknall verbreitete zunächst Angst und Schrecken. Dem infernalischen Knall war ein grelles Licht vorausgegangen, das nach Berichten von Wissenschaftlern beim Eintritt des Meteoriten in die Erdatmosphäre durch die Reibungshitze verursacht wurde. Der Meteorit war wahrscheinlich so schwer wie ein Klumpen reinen Eisens und raste mit einer Geschwindigkeit von mindestens 300 Metern pro Sekunde auf die Erde zu. Nach Ansicht der Wissenschaftler ist der Meteorit wahrscheinlich explodiert und in Bruchstücke nicht größer als Sandkörner auseinandergeplatzt. Der Ort des Einschlags wird 85 Kilometer nordöstlich von Perth vermutet. 
"Hier ist festzustellen, dass die Nachrichtenmedien nicht wirklich die UFOs ernst- genommen haben noch heute ernst nehmen. Ja, mit Ausnahme der Revolverblätter gab es viel Skepsis, weil auch die traditionellen Blätter das Produkt einer Umwelt sind, die recht authoritätsgläubig ist", sagte einmal Joe Saltzmann von der Southern California School of Journalism, ein bekannter Emmy-Fernsehpreis-Gewinner für seine Dokumentarsendung und der als ehemaliger CBS-Mitarbeiter noch einen profilierten Journalismus lernte und so auch weitergeben möchte. Dem gegenüber standen schon immer die Sensationsblätter, die sich mit besonderer Liebe und Hingabe den UFOs bzw. den bildhaften Fliegenden Untertassen mit ihren kleinen grünen Männchen als Piloten annahmen und ohne das Stigma der journalistischen Verantwortung schalten und walten können, so wie es der Auflage gefällt. Obwohl kaum jemand zugibt, diese Zeitungen zu lesen, sind es doch deren fetten Schlagzeilen, die einen großen Teil dazu beitragen um die Meinungsbildung zu fördern. Dort sind dann alle phantastischen Storys sofort Teil einer Wahrheit oder selbst schon 'unglaubliche' Wahrheiten. Geschichten die wahr sein können, die nicht wahr sind und solche die nur albern sind, finden hier ihren Niederschlag - insbesondere auch die von UFOs. Jedermann wird irgendwann einmal mit diesen konfrontiert und schnappt etwas davon auf. Der Trick dort ist einfach: Man versucht den Storys a) mit schrillen Schlagzeilen Aufmerksamkeit zukommen zu lassen und b) ihnen viel Glaubwürdigkeit zu geben. Allein schon die Gewichtung des Themas UFO fällt auf: In der normalen Heimatpresse findet man UFO-Meldungen irgendwo hinten bei Regionales oder Buntes, bei den Gazetten dagegen als Seite 1-Aufmacher. Der gelernte und ausgebildete Profi-Journalist weiß eigentlich, dass er nur zu berichten hat und seine Geschichten auf Fakten und Tatsachen aufbauen sollten, einen Kommentar hat er sich zu verbeißen.
Auch wenn die Zeitung nicht abgesagt ist, die moderne Zeit fordert ihren Tribut. Dennoch, der 'Schreiberling' ist im allgemeinen in der Bevölkerung nicht so hoch angesehen. Und die Boulevardblätter haben schwere Konkurrenz bekommen, in einem weitaus lebhafteren und direkteren Medium...

Die Informationsgewohnheiten und die Informations-Wahrnehmungen der Menschen veränderten sich derzeit drastisch - man holt sich als 'Augentier' die Welt in bunten Bildern via Kabel- und Satelliten-TV, Video(text) und Internet nach Hause, weswegen man derweilen von der "Informationsgesellschaft" spricht, die historisch die "Industrie-Gesellschaft" abgelöst habe. Damit einhergehend gab es brachiale soziologische Veränderungen, wir setzen uns derzeit wie noch nie dieser elektronischen Dauerberieselung aus und schöpfen "Informationen" ab, um in der bereits erwähnten Mediendemokratie teilzunehmen. Damit hat sich sogar unsere Lebensplanung entscheidend verändert, ja unser Sozialverhalten hat sich damit verändert. Hier sind alle Science fiction-Vorstellungen der Vergangenheit um Längen geschlagen worden. Der News-Junkie ist ein neues Phänomen unseres Lebens geworden. Noch nie konnte man sich so "schlau machen" wie heute. Vergessen wir dabei aber nie, dass das weltweite elektronische, cybernetische "Informations- System" der virtuellen Welt eine weitgehend kommerzielle Angelegenheit ist und hierbei in den Führungsetagen der verantwortlichen Anbieter (Geschäftsleute - siehe hierzu auch die Geschäftsformen der Anbieter) zwischen "ernster Information" und "Unterhaltung" differenziert wird, ein Mischwesen namens "Infotainment" entstand als Problemfeld daraus, eine Abspaltung davon nennt sich gar "UFOtainment". Ein "UFOtainment", welches zum populistischen Schlussverkauf der populärsten Themen bläst, deren einziges Kriterium Quote (=Erfolg) statt Inhalt lautet um dem Volksaberglauben des Homo Zappiens gerecht zu werden. Ob des Überfluss der Bilder, Behauptungen und dem Tempo solcher TV-Unterhaltung kommt die Hintergrundinformation zu kurz, wodurch sich ein medial-geförderter moderner Aberglaube ans Paranormale ausbilden kann. Diese "Virtualisierung" ersetzt mit aufsehenerregenden Sensationen wirkliche Inhalte - Show statt Inhalt. Sachliche Nachrichten sind eines - viel prägender wirken jedoch häufig die bombastisch aufbereiteten TV-Epen inklusive der darin propagierten Klischees plattesten Niveaus. Intellektuell weiß das einzelne Individuum zwar, dass derartige sensationalisierte Plattheiten nicht der Wirklichkeit entsprechen, dennoch bleibt unbewusst genügend hängen, um unter dem Strich und häufig rein gefühlsmäßig die vorgefassten Meinungen weiterzutragen.

Amerika war hier wieder Vorreiter, um unter dem spöttischen Sammelbegriff new reality Reihen wie "That's Incredible", "In The Search Of...", "Unsolved Mysteries" oder "Sightings" zu installieren, deren einseitig recherchierte Inhalte plötzlich auch auf Talkshows wie "Oprah", "Donahue" und "Geraldo" ausstrahlten. Kein Wunder, wenn der Kommunikationspapst Neil Postman einmal sagte: "Der Ausdruck 'seriöses Fernsehen' ist ein Widerspruch in sich." Nichts war mehr zu bizarr, um ihm irgendwie Glaubwürdigkeit zu geben, damit die Zuschauer gehalten werden. Und sie hatten alle Glück, da die bereits durch die Presse konditionierten Konsumenten nur zu begierig waren, die Abarten des Lebens lebensnah auf dem 'small screen' zu begutachten. Es wurde immer schwerer zwischen legitimer Nachrichteninformation und für die Öffentlichkeit speziell aufbereitete Show zu differenzieren. UFOs, die immer schon den Hauch eines künstlichen Medienphänomens um sich trugen, sind nun im Fernsehen zu heimlichen Medien-Stars hochgepowert worden, die dort in aller Regel auch ihre Quoten einfahren, allerdings nur bei einer unausgewogenen Darbietung einer Schau.
Hier kann sich der Redakteur (Journalist ist da nicht immer das richtige Wort) nicht mehr heraushalten und wertneutral sein, nein er muss Stellung zum Anspruch seiner Sendung beziehen - und dieser Anspruch beim Kommerzfernsehen ist immer durch Einschaltquote, Verkauf teurer Werbeblöcke und Rentite für den dahinterstehenden Eigentümer des Senders diktiert. 
Journalistischen Standard und Ehrenkodex darf man da nicht mehr allzu oft erwarten, gerade auch wenn Infotainment zum UFOtainment ausartet (obwohl der Zuschauer dies nicht merkt und alles ernst und für bare Münze nimmt).
Verantwortungsbewusstsein neigt hier das Köpfchen vor dem unternehmerischen Ziel, die Erwirtschaftung maximalen Profits, der sich durch die Einschaltquoten definiert. Durch die Globalisierung der Welt strahlt dieses Kernproblem bereits um den Erdball aus und erfasst immer mehr Nationen. Deutschland als wichtigster Markt für amerikanische Hollywood-Stangenware konnte hier ebenfalls eine Vorreiter-Rolle übernehmen, "Unglaubliche Geschichten" [ehemals auf RTL] und "Phantastische Phänomene" [Sat1] sowie "Mysteries" und diverse Pro7-Sendungen rund um Akte X sind hierzulande sprechende Beispiele wenn man Muster sucht, in denen Millionen vom Fernsehen nicht aufgeklärt sondern mangels Unausgewogenheit eine Aberglaubens-Beduschung erfuhren.
Liegt die Wahrheit "irgendwo da draußen"? Oder ist sie den meisten Menschen einfach nur viel zu langweilig? Auf jeden Fall ist den Medien-Verantwortlichen und dem Publikum in Sachen Anomalistik als Würze des Lebens der "Heilige Spekulatius" lieber, als die detektivische Recherche und Untersuchung der behaupten übersinnlichen, überirdischen oder außerirdischen Geschichten. Tatsache ist das selbst der britische UFO-Schriftsteller Timothy Good in seinem im Herbst 1999 bei Knaur erschienen Taschenbuch "Top Secret: Die UFO-Akte" feststellt, dass nach dem Beginn der dortigen Ausstrahlung von Akte X es eine "explosionsartige Zunahme" von Meldungen über UFO-Entführungen und Begegnungen mit Außerirdischen als Reaktion darauf gab und ob des umherschwirrenden Themas die Betroffenen es wagten auch an die Öffentlichkeit zu gehen. Good: "Das bedeutet aber logischerweise auch, dass viele dieser Geschichten nicht unbedingt glaubwürdig sind." Wir sehen, das unkritische Darstellen solcher phantastischer Inhalte führt zur Generierung von Wahnvorstellungen bis Lügengeschichten die imstande sind, die Space Age-Folklore zu festigen.

Begonnen hatte es bereits im Oktober 1992, als "Phantastische Phänomene" auf Sat1 durch Rainer Holbe in der Moderation, zum Schlager wurden. Damit wurde das Fernsehen endgültig übersinnlich und über die Zuschauer brach eine Flut parapsychologisch angehauchter Shows herein, Startschuss war der 19. Oktober 1992 gewesen und Sat1 kündigte schon an, das ab Januar 1993 Erich von Däniken in einer eigenen Reihe "Auf den Spuren der All-Mächtigen" wandeln werde. Rainer Holbe distanzierte sich damals von Scharlatanerie oder New Age-Botschaften "ganz klar", um nicht in den Verdacht zu geraten, er sei ein abgedrehter Spinner. Dieter Zurstrassen, Sat1-Pressesprecher, nahm es aber nicht so ernst: "Die auf sechs Folgen konzipierte Sendereihe soll vor allem unterhalten. Wissenschaftliche Diskussionen sind fehl am Platz." Damit wurde aufgezeigt, wo es langgeht.
Und damit hatte der "Kuschelsender" auch Erfolg, zumindest beim Publikum. Ausgerechnet Bild-am- Sonnatg vom 13. Dezember 1992 brachte die vernichtende Schlagzeile "Holbe rutscht fast auf eigener Schleimspur aus" ein! Die Fernsehgemeinde stöhnte schon, bevor's überhaupt losging - Recht: Rainer Holbe (52) ist wieder da. Mit einem übersinnlich-sinnlosen Sat1-Hokuspokus namens 'Phantastische Phänomene'. Poltergeist Holbe verkauft seinen angerichteten kalten Kaffee als heiße Ware - und die Zuschauer für dumm. Und das alles so heuchlerischer, dass er fast auf der eigenen Schleimspur ausrutscht. Lächerlich, die aufgesetzte Begeisterung und die überwichtige Miene. Dieser Mann ist kein Moderator, sondern ein unerträglicher Zustand." 
In der Hör Zu Nr.7/1993 bekam es Holbe dann ganz dicke schon auf der Titelseite verpasst: "Hinter den Kulissen der Esoterik-Sendung 'Phantastische Phänomene': Schummelt HOLBE?" Wer mit Toten spricht und sich auch sonst auf Außerirdisches einlässt, muss für Spott meist nicht sorgen. Um Zweifler zu wiederlegen, hatte Holbe sich was ganz Besonderes ausgedacht. Doch es kam anders... So hatte Holbe den Zauberkünstler Norbert Herrmann eingestellt, der Holbe vor Hokuspokus beim Übersinnlichen schützen sollte, dies tat der Zauberer aber mehr, "als dem Moderator lieb war". Im Studio verfolgte der Mann vom "magischen Zirkel" sechs Aufzeichnungen und erkannte, dass "da Betrug am Werk ist". Wenn einer Zauber- tricks als Wunder oder Esoterik verkauft, dann werden die Magier genauso giftig, als wenn UFOlogen den kritischen UFO-Phänomen-Untersuchern ein X für ein U vormachen wollen. Holbe präsentierte PSI-Fähigkeiten, die nichts weiter als fauler Zauber waren. Als Herrmann dann "Explosiv" und "Stern TV" kontaktierte um über den faulen PSI-Zauber bei Holbe zu klagen, reagierte Holbe schnell und bot ihm an, fortan für die Show den Berater zu machen. In Sachen UFOs hielt er dies aber nicht für notwendig, was ein Fehler war. Holbe hatte also nicht wirklich dazugelernt. Aber auch der Zauberkünstler war nicht mit seinem Job zufrieden, da auch weiterhin falscher Spuk zu sehen war, den Holbe mit einem lachenden und einem weinenden Auge verkaufte und sogar Herrmann über den Tisch zog: Marlene D. erklärte mit ihrer tödlich verunglückten Tochter via Weltempfänger-Radio in Konatkt zu stehen. Holbe führte das als Experiment vor uns sagte im Kampf um seine Glaubwürdigkeit halbseiden: "Norbert Herrmann hat keine Manipulation festgestellt." Doch dies war nur eine Seite der Medaille! In Wirklichkeit hat der Magier nur das Radio und die Tonbänder kontrolliert - bei der Nummer selbst kriegt er Migräne. "Ich kann Ihnen nicht glauben", sagte er zu Marlene D., aber dies zeigte der Sender nicht.

Doch die Inhalte gefielen dem Publikum, dem man bekanntlich viel servieren kann, auch wenn es ohne wirklichen belegbaren Inhalt und Substanz ist. Dreieinhalb Millionen Fans wollten sich jedesmal dem Kitzel des Unerklärlichen hingeben und Holbe, der dringend eine würzige Show brauchte, tat seinem Publikum den Gefallen, "bis die Balken sich biegen", wie die Hör Zu schrieb. Das Klima war also für das geschaffen, was noch folgen sollte, als sich das öffentlich-rechtliche Fernsehen "nicht mehr die Butter vom Brot nehmen lassen" lassen wollte und Zuschauer zurück- gewinnen musste, auf Bayern3 lief hierzu der Testlauf "PSI" in der Moderation von Penny MacLean 1992, worauf der NDR konterte und Heinz Rohde dann am 24. Oktober 1994 seine unrühmliche UFO-Reportage "UFOs: Und es gibt sie doch..." in Rennen um die Quote schickte. Wenn man früher außergewöhnliche Ereignisse ein Wunder nannte, erklärte man sie später zu unerklärlichen Phänomenen, heute legt man sie unter der Akte X ab.
Natürlich, das Unheimliche beflügelt die Phantasie, macht die Akte X zum TV-Kult der Neunziger. Gerade auch bei Jugendlichen, die nach der Okkultismuswelle nun die phantastischen, aber kurzsichtigen und engstirnigen Visionen der Mystery-Welle für sich einvernahmen. Bereits 1991 warnte die Bamberger Pädagogin Maria Kühn vor einer "okkulten Welle" im Kinderzimmer, weil "die modernen Gespenster das Kinderzimmern erobern" (siehe AZ vom 6. Dezember 1991) und massenhaft Videocassetten und Literatur den Trend dazu fördern. Esoterik-Trend haben auch nach Beobachtungen des Sekten-Spezialisten Hans Stiegler (Lichtenfels) großen Einfluss auf die Kinder: "Die Seelen der Kleinen sind empfänglich für New Age." Moderner Götzendienst führe "in die völlig falsche Richtung", hieß es hier. An die Eltern wurde appelliert, die Kinder auch diesbezüglich aufzuklären.

Der Flop von Pro7 und die Lehren daraus

Am 14. März 1997 versuchte sich der selbsternannte "Mystery-Sender" Pro7 mit der ersten und bisher einzigen regulären Esoterik-Talkshow im deutschen Guckkasten. Mit "Talk X" suchte das Kommerz- Fernsehen den Boom der Akte X zu fördern oder zumindest darauf mitzuschwimmen. Andrea Kiewel war Moderatorin der täglichen Show, die nach bereits vier Wochen vom Sender genommen wurde, weil die erwarteten Zuschauerzahlen einfach nicht stimmten, die durchschnittlichen 6,5 % Marktanteil waren vernichtend.
Kiewel, die eine feste Anstellung beim Sat1-Frühstücksfernsehen hatte, nahm den Job an um durch die "Mystery-Talkshow" zu führen. Edgar Wunder führte für den Skeptiker (Doppelnummer 1 & 2/1999) ein Interview mit der Moderatorin und erfuhr dabei erstaunliche Informationen back stage. Die Idee für "Talk X" kam dem WDR-Fernsehredakteur Gerd Berger, der eine Talkshow auf der Basis von Mystery, Spannung, Gruseln und Gänsehaut sich vorstellte, also einfach "Akte X-mäßig". Doch daraus wurde nur ein Wischi-Waschi-Esoterik-Talk und (wir kritisierten es bereits früher) die "harten Themen" wurden nicht gesetzt. Als die Show dann startete, luden sich viele Freunde des Phantastischen selbst ein und schickten Themenvorschläge bis hin zu kompletten Gästelisten ein! Jenseits der unzureichenden Quoten war jedoch die Reaktion des Publikums gewaltig und die Redaktion der Sendung erhielt "riesige Zuschauer-Post". 

Andrea Kiewel:
"Viele schrieben, auf eine solche Sendung hätten sie schon seit Jahren gewartet." Kein Wunder, wenn sich die Freunde des Phantastischen hier eine Chance ausrechneten zu Wort zu kommen. Interessant dagegen ist eine andere Sache: Die paar skeptischen Teilnehmer konnten nie mit der "Pro-Fraktion" wirklich diskutieren. "Manchmal hatte ich das Gefühl, dass beide Seiten unterschiedliche Sprachen sprachen, die haben sich gegenseitig überhaupt nicht verstanden. Die Esoteriker haben auch mich häufig nicht verstanden, haben mich bei manchen Fragen angeschaut, als hätte ich russisch gesprochen. Sogar wenn ich versuchte, sie zu provozieren, haben sie sich eher zurückgezogen und sich vermutlich gedacht: 'Die dumme Kuh hat ja eh keine Ahnung'", führte Frau Kiewel aus. Das ging den Kritikern genauso. Ausgerechnet die zeigten sich dann "schwach", weswegen nie eine richtige Debatte zustande kam. Auf der anderen Seite wollte Pro7 mit dem Erfolg von Akte X ("Akte X ist für die Neunziger das, was Dallas für die Achtziger war", erkannte Pro7-Sprecher Arndt Mayer in den Stuttgarter Nachrichten vom 31. Mai 1997) pokern und versagte, weil die Sendung schlecht war. Das lag auch an der Themenauswahl. Bachblüten, Mondeinfluss und Gurus ziehen einfach nicht so wie "ganz knallharte Themen" wie "UFOs, Außerirdische, Entführungen durch UFOs, Sex mit Außerirdischen usw.". Tatsächlich wurden diese Massen-Themen bei Talk X ausgeblendet und erst direkt vor dem Aus aufgegriffen. Doch da war es bereits zu spät und entsprechende Produktionen kamen nicht in die Gänge. Dies weist nach, dass unser Thema tatsächlich von hoher Wertigkeit ist. Unverständlich dagegen ist das Handeln der Verantwortlichen, die sich auf "niedere Themen" ansetzten, anstellte gleich in die Vollen zu gehen.
In anderen Pro7-Sendungen war man nicht so behäbig.

Ein verheddern des Verstandes im Netz der Medien 

Bereits der Fernseh-Nestor Walter Cronkite bedauerte den Trend zur Oberflächlichkeit, zur Banalität und den Mangel an Substanz des Kommerz- Fernsehens: "Das Fernsehen kann eine gute Zeitung nicht ersetzen. Tiefe? Vergessen wir's." Und: "Demagogen können [im Fernsehen] unwidersprochen ihre Argumente vorbringen, weil der Bürger die Schwächen ihrer Argumentation nicht durchschaut." Die Worte der amerikanischen TV-Ikone der CBS-"Evening News" lassen sich bequem auf diverse Bilderschauen der ufologischen Märchenwelt am Guckkasten umsetzen. Neil Postman fand die Antwort auf dieses Verkommen der Sitten, der Moral und Verantwortung: "Der Ausdruck 'seriöses Fernsehen' ist ein Widerspruch in sich." Hier zerrinnen beim populistischen Schlussverkauf die sensations- heischenden Programme, deren einziges Kriterium der Erfolg statt Inhalt ist, zum TV-Trash. Hinter dem Überfluss der geifernden Bilder, der schnellen Schnitte zur Verzerrung der Aussagen und wilder Tatsachenbehauptungen, kommt einfach die Hintergrundinformation und Aufklärung zur Entmystifizierung zu kurz. Nur so kann "UFOtainment"/"Paratainment" funktionieren und unendlich viele Menschen fallen darauf herein, womit es Auswirkungen auf unsere gesamte (Unterhaltung-)Kultur z.B. über die ufologische Irrlehre nimmt. Bauen sich deswegen falsche Weltbilder auf und verfallen Irrlehren, weil die Eigner der bunten Sender nach den Einschaltquoten schielen und nicht auf innere Qualität, nach Verantwortungsbewusstsein und staatsbürgerlichen Pflichten achten. Also wurde und wird jede Menge Müll gesendet, der Irrlehren fördert. Es wird moralisch an der Zeit, dass die Mächtigen die TV-Medien nicht nur als ökonomische Größe verstehen, sondern eben vor allem als konstitutive Elemente einer kulturell geprägten Gesellschaft! TV als eine viertklassige Gewalt? Aber dies ist kein neues Phänomen, sondern schon durch den Kampf am Kiosk mit marktschreierischen Bouelvardschlagzeilen der Presse eingeläutet worden. Im Konkurrenzkampf an den Kiosken und bei den Ratings gibt es nichts mehr zu verlieren außer ein paar Maßstäben, ein paar Werten, einst unter dem Begriff moralische Haltung bekannt. Tatsächlich, Glaubwürdigkeit (heute als "Credibility" bekannt) ging den Bach runter. Journalistische Werten werden den Kräften des Marktes untergeordnet, Maximierung von Profit in kürzester Zeit ersetzt die notwendige, journalistische Sorgfalt.

Doch keiner traut sich dieser abergläubischen Verblendung des Publikums den Hahn zuzudrehen, weswegen selbst die ARD im Oktober 1994 als öffentlich- rechtlicher Sender sich einen UFO-Faux Pas leistete, der trotz Quote zumindest dem Programmdirektor Dr. Günter Struve später wehtat, weil er hier Pseudo- Wissenschaft im Fernsehen durchgehen ließ. Diese "Virtualisierung" mittels aufsehenerregender Sensationen ersetzt die wirklichen Inhalte und setzt neue Zeichen: Show statt Inhalt. UFOtainment lebt vom mediengezeugten Mythos, der eine Menge Klatsch und Tratsch bereits streute - und diese Elemente gehören eben nun einmal zum Leben. So zweifelhaft die UFOlogie (zu recht) als angesehen wird, dennoch empfindet der Menschen den ufologischen Klatsch und seine Gerüchte als Geschwätz, als Gerade, aber auch irgendwie als Neuigkeit. Klatsch und Tratsch sind somit schön und trotzdem wahr. Wie schon der britische Psychologe Robin Dunbar festgestellt hat, Klatsch und Tratsch führen zu den lebensnot- wendigen sozialen Kontakte in einer größeren Gruppe. Nicht umsonst verbringen wir 60 Prozent unserer Gespräch mit Klatsch und Tratsch sowie Selbstdarstellung, also um Versuche, damit das soziale Geflecht aufrechtzuerhalten. Mythen und Aberglauben passen da super hinein. In diesem Klima können sie erblühen, deswegen läuft das UFOtainment- Business auch so klasse. Und die Oberen in den Medien-Konzernen haben dies erkannt. UFO-Beiträge sind verhältnismäßig billig zu produzieren und können mittels den Wundern der Elektronik eindrücklich nahegebracht werden. Ein geschickter Cutter und ein raffinierter Drehbuchautor können zusätzliche Wunder bewirken. Im Mediengewerbe hat der Entertainer den Analytiker ersetzt, schließlich verkam das Gewerbe auf eine Ebene, bei der der Einsteiger nicht einmal einen Schein braucht, weil der Anschein genügt. Und die UFOlogie, die Pseudo-, Para- wie Grenzwissenschaften sind von solchen Blendern ebenso bestens besetzt, die ehedem am besten neben dem Sandmännchen das Programm füllen sollten und nicht als "ausgewiesene Experten" in Primetime-Programmen via wissenschaftlich sich anhörenden Worthülsen noch das Sonnenlicht verblassen lassen. Wer unter Aufklärung versteht, eine neue Stellung zu zeigen, statt aufklärerisch Stellung zu nehmen, kann nicht begreifen, dass genau diese Verramschung aller Werte, die Gleichschaltung von unwichtigen und wichtigen Informationen am Ende des Journalismus stehen und sein Ende sind. Die Mediendemokratie, die mit den digitalen (Pay-TV-)Kanälen auf die Probe gestellt wird, wird in Spartenprogrammen attraktive Inhalte bieten.
Doch was ist, wenn diese Attraktivitäten zur Augenwischerei verkommen?

 

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