Am Rande vermerkt: Es gab zu jener Zeit eine ICSOP-Umfrage in der belgischen Bevölkerung zu den Dreiecks-UFO-Ereignissen. 33,8 % hatten tatsächlich den Eindruck, dass zur damaligen Zeit Unerklärliches am Himmel geschehe; 29,3 % dachten, es handle sich um optische Täuschungen und 34,5 % verwarfen immerhin noch die Hypothese der außerirdischen Flugobjekte in diesen Observationen. Gleichsam wurden die gemeldeten Sichtungen seltener. Dafür aber gab es eine für uns wenig erstaunliche Darstellung vom Abend des 22.3.1990 aus Xhoris-Ferrieres, wo die erwachsene Zeugin "unterhalb der Lichter einige Aufbauten, die an ein Baugerüst erinnerten" beschrieb. Was uns wieder zur Frage nach einem UL-artigen Luftgefährt mit seiner gestellartigen, tragenden Konstruktion führt. Überaus interessant, wie wir denken.
Inzwischen begann die öffentliche Diskussion sich auf das Verteidigungsministerium zu konzentrieren und lenkte so, dankbarer Weise, von den überlasteten SOBEPS- Kollegen ab, die die Situation nicht unter Kontrolle brachten. Am 23.3. gab es bei RTBF in Lüttich in der Magazinsendung "Ce Soir" eine Talkrunde mit Bougard und Oberstleutnant Billen. Am selben Tag war Bougard im Verteidigungsministerium gewesen und dort begegnete ihm eher zufällig Minister Coeme, der eine kleine Bombe im Gepäck hatte, die sich nach seinem Gespräch mit RTBF-Journalisten Jean-Marie Nicolik ergeben hatte: "Ich habe die Luftwaffe soeben autorisiert, der SOBEPS alle verfügbaren Informationen zur Verfügung zu stellen." Gleichsam betonte er noch, dass das Problem gleichermaßen in den Zuständigkeitsbereichen des Kommunikations- und des Innenministeriums falle wie in den des Verteidigungsministeriums. 48 Stunden später gab es bei RTL-TVi im Magazin "Contrepoint" ein weiteres Studiogespräch an dem die SOBEPSler Bougard und Brenig, Oberst De Brouwer sowie der Astronom Andre Lausberg teilnahmen. Lausberg betonte zu recht, wonach eine bestimmte Anzahl von Beobachtungen auf Verwechslungen mit dem Stern Sirius oder aber falsch eingestellte Ferngläser (bzw. Videokameras) zurückgingen. Brenig musste dies eingestehen und erinnerte sich kurz an den Reinfall vom vorausgegangenen Wochenende und forderte gleichzeitig nach einer neuen Beobachtungskampagne unter Zuhilfestellung staatlicher Stellen, insbesondere der Luftwaffe. Man konnte bei SOBEPS scheinbar nicht genug davon haben. Bougard sprach so von einer "phantastischen Gelegenheit. Wenn wir sie verpassen, werden viele dies später noch sehr bereuen. Wir haben die einzigartige Chance, endlich in Erfahrung zu bringen, worum es sich bei dem UFO-Phänomen wirklich handelt." Er stellte gleichsam die Forderung nach staatlichen Mittel auf, die SOBEPS sofort benötigte; im Nachspann der Sendung konnte Oberst De Brouwer gerade noch seine Einwilligung bekannt machen. SOBEPS brauchte logistische Mittel, die sie nur durch das Militär bekommen konnte.
Zur großen UFO-Jagd geblasen: Die berühmte Nacht vom 30. März 1990 war der Beginn von Ereignissen, die wieder einmal für SOBEPS vielerlei Unruhe einbrachte und den Anfang einer verrückten Zeit markierte. Es begann am Samstag, den 31. März. Wie immer in dieser Epoche ging es im SOBEPS-Büro wie im Taubenschlag zu, als gegen Mittag innerhalb von wenigen Minuten zwei ziemlich unglaubliche Meldungen eingingen. Der Dienststellenleiter der Gendarmerie von Wavre, Hauptmann Pinson, berichtete von den Ereignissen nur wenige Stunden zuvor: Sichtungen durch mehrere seiner Männer, Einsatz von F-16, nicht identifizierte Echoimpulse auf den Radarschirmen von Glons! SOBEPS sucht so den Kontakt zum Militär, aber es ist ein Wochenende, es besteht keine Möglichkeit mit Oberst De Brouwer zu sprechen, der in offizieller Mission in einer C-130 der Luftwaffe über dem Atlantik unterwegs ist. Doch weitere Aufregung kam auf, als sich ein gewisser Marcel Alfarano aus Brüssel meldet, der angeblich gegen 2 h morgens eine Videoaufnahme von einem dreieckigen UFO mit drei weißen Lichtern und einem roten Blinklicht in der Mitte gemacht hat und eine Videoaufnahme von "außergewöhnlicher Qualität" vorlegen könne, versicherte Alfarano. Der SOBEPS-Generalsekretär bittet den neuen Zeugen, diesen Film persönlich vorbeizubringen, was am Nachmittag auch tatsächlich geschieht. Am Abend besuchen Lucien Clerbebaut, Patrick Ferryn und Jose Fernandez den Gendarmen Renkin in Ramillies...
Am Sonntag finden sich die SOBEPS-Mitarbeiter wieder in Brüssel ein, um den Alfarano-Film zu begutachten (am selben Abend erlaubte sich RTL-TVi einen Aprilscherz hinsichtlich einer UFO-Landung), auf welchem man rechts und links neben den drei weissen Hauptlichtern auch schwache Blitzlichter sah. Dies sollte bei späteren Filmen von Fliegenden Dreiecken ebenso bemerkt werden, aber offenbar kam hierbei niemand auf die richtige Idee.
Wie auch immer, endlich hielt SOBEPS "den" Film und "den" entscheidenden Fall in Händen. SOBEPS kochte auch nur mit Wasser und um weitere Informationen einzuholen, stürzte man sich im SOBEPS-HQ nun am frühen Montagmorgen, den 2. April, auf alle verfügbaren Tageszeitungen an den Kiosken. La Derniere Heuvre berichtete davon, dass in der Nacht von Freitag auf Samstag gegen 0:15 h zwei F-16 vom Luftwaffenstützpunkt Beauvechain starteten, aber nach Auskunft des Pressesprechers vom Verteidigungsministerium, haben die beiden Piloten nichts entdeckt und sind wenig später unverrichteterdinge zu ihrem Stützpunkt zurück- gekehrt. Le Soir schrieb auf: "UFO durch Jäger nicht aufgespürt!", als die beiden Maschinen vom 1. Jagdgeschwader auf Geheiß des Radarzentrums Glons (bei Tongres) aufstiegen, als man ein "nicht identifiziertes Eche entdeckt hatte". Man bedenke: Vom Radarzentrum Glons wurden in den vorausgegangenen Monaten wiederholt nicht identifizierte Echoimpulse geortet, was verdächtig ist. Doch der Bericht von den Gendarmen Renkin und Pinson ließ SOBEPS das genaue Gegenteil vermuten. Clerebaut beschloss so, sich mit der Leitung der Gendarmerie in Verbindung zu setzen und bat um den vollständigen Bericht der verschiedenen Streifendienste. Dem wurde entsprochen und SOBEPS erhielt die wichtigen Unterlagen mit Sonderkurier sofort zugestellt. Sobald Clerebaut den kostenlosen, mehrseitigen Bericht in Händen hielt, griff er zum Telefonhörer und benachrichtigte den soeben zurückgekehrten Oberst De Brouwer. Jetzt musste gehandelt werden!
Am Mittwoch, den 4. April, kam De Brouwer mit der SOBEPS-Spitze in deren Büro zusammen, es ist der erste Besuch des Leiters der operativen Abteilung der belgischen Luftwaffe in den Privaträumen der SOBEPS. Es ging um nichts weiter, als um die Planung des gemeinsamen Vorgehens mit Gendarmerie, Militär und Wissenschaftler. Hierbei erfuhren die SOBEPS-Kollegen von einer interministeriellen Gruppe, die auf Anregung von De Brouwer am selben Tag sich getroffen hatte, um der SOBEPS "unter die Arme zu greifen", wenn es darum ging an einem Wochenende eine "wissenschaftliche UFO-Jagd" abzuhalten. Projekt UFO- IDENTIFIZIERUNG wurde die Operation getauft, welche man Mitte April, über Ostern, ablaufen lassen wollte. SOBEPS hatte bereits zahlreiche Teams aufgestellt, inzwischen hatte man ja genug Personal bereitstehen, welche man unter tatkräftiger Mithilfe der Amateurfunker über den gesamten französischsprachigen Teil des Landes verteilen wollte. Am Vormittag des 9. April bereits hatte es eine Pressekonferenz gegeben, bei der man den berühmten Alfarano-Film zeigte, die Vorfälle aus der Nacht vom 30. auf den 31. März 1990 darlegte und die Beobachtungsaktion über Ostern vorstellte.
Neben Hauptmann Pinson und MDL Renkin hatten man auch Alfarano eingeladen, der jedoch aus seiner Anwesenheit und der Verbreitung des Films Kapital schlagen wollte, was ihm auch gelang, da an jenem Abend alle belgischen TV-Stationen Ausschnitte aus dem Amateurfilm brachten.
Am Mittwoch, dem 11. April, fanden sich beim taktischen Stab der Luftwaffe die Hauptverantwortlichen der Aktion ein, diesmal aus einem offiziellen Anlass. Vertreten waren Clerebaut und Brenig für SOBEPS, die Obersten De Brouwer, Nuyts und Huybens, der Kommandant des Flughafen Bierset, Philippe Dumonceaux, Leutnant Delpierre (als Vertreter der Gendarmerieführung), die Oberstleutnants Kerkhofs und Billen, sowie die Besatzungen der beiden für SOBEPS bereitgestellten Flugzeuge - dies unter Aufsicht des Kommandeur der taktischen Luftwaffe, General Terrasson. Diese Zusammenkunft stand unter öffentlichem Druck, selbst die PRAWDA hatte aufwendig über die belgischen Ereignisse berichtet und an diesem Tag verbreiteten belgische Blätter ein Interview mit Oberst De Brouwer, worin er wieder einmal feststellte, "dass in den letzten Wochen bestimmte Dinge registriert wurden, speziell beim Radarkontrollzentrum Glons, Dinge, die in einem Bericht zusammengefasst sind, der an verschiedene militärische Stellen weiterzuleiten und dem Verteidigungsminister vorzulegen sind". Eine wichtige Reportage kam beim Sender "La Cinq" im Rahmen des Magazins "Reporters" am Vorabend ins gerngesehene Programm...
Clerebaut bedankte sich bei Oberst De Brouwer für seine Aufgeschlossenheit und die Bereitschaft zu einer echten Zusammenarbeit! Nun packte der SOBEPS-General seinen besonderen Schatz aus, eine Kopie des Alfarano-Films.
Dieser wurde nun als Einführung mehrmals gezeigt und das Urteil der Militärs war einstimmig: Was da über Brüssel gefilmt worden war, war kein Flugzeug! {Die Nachricht über den Alfarano-Film verbreiteten Journalisten bereits am 3. April, obwohl die SOBEPS-Spitze zu dem Schluss gekommen war, dieses "Dokument" nicht zum Gegenstand einer Sensationsmeldung werden zu lassen, da sie wusste, dass die Journalisten nach dem "Foto des Jahrhunderts" hungerten und danach auf der Lauer lagen. SOBEPS wollte eine Pressekonferenz einberufen, um gezielt an seriöse Journalisten Kopien des Film zu verteilen, bis dahin schirmte man den Originalfilm in den Händen von Patrick Ferryn, der digitale Einzelbildbetrachtungen und Ausschnittsvergrößerungen im ADO-Verfahren professsionell durchführen konnte, ab und der Urheber hatte der SOBEPS die Exclusivrechte zugesichert. Doch Verrat kam auf, vorab gingen Bilder aus dem Video und das Material selbst im Urwald der Pressesöldner umher. Woher kam dieses Material? Marcel Alfarano hatte der SOBEPS das Original anvertraut, und niemand sonst hatte den Film seither gesehen, da er nicht einmal selbst eine Kopie besäße. Quelle der journalistischen Vorabverbreitung war Gilbert Dupont von der Zeitung la Derniere Heure gewesen, der jedoch zunächst seinen Mittelsmann nicht preisgeben wollte, aber es schließlich doch indirekt tat: Es war Alfarano selbst gewesen, der dem Brüssler Journalisten den Film gezeigt hatte! In den folgenden Wochen und Monaten legte Alfarano ein Verhalten an den Tag, das diese Vermutung bestätigte. Wegen seiner späteren Haltung, seiner widersprüchlichen Behauptungen und direkten finanziellen Forderungen "sehen wir sein Filmdokument heute in einem weitaus schlechteren Licht als damals", schreibt SOBEPS in seinem Buch auf S. 255 nieder.}
Schriftlich wurde fixiert, dass das verlängerte Beobachtungswochenende vom 13. bis 17. April 1990 dauern sollte und die belgischen Streitkräfte beauftragt sind, für einen reibungslosen Ablauf dieser vom Flugplatz Lüttich-Bierset ausgehenden Aktivitäten zu sorgen und die Unterstützung der Untersuchung durch zwei Flugzeuge (eine Hawker-Siddeley HS 748 vom 15. WTptAe und eine Islander von der SchLtAvn) zu garantieren. Aus dem Protokoll: "Im Fall einer Sichtung vom Boden aus muss eine Bestätigung durch die örtliche Gendarmerie oder durch ein mobiles Team der SOBEPS vorliegen, bevor die Maschinen über das CRC Glons zu aktivieren sind. Nur das CRC ist befugt, Startbefehle für die HS 748 und die Islander zu erteilen. Das CRC wird umgehend das ADNC (Air Defense Notification Center) und das TCC/RP Semmerzake (Traffic Center Control/Reporting Post) benachrichtigen. Der Start der F-16 darf erst bei Vorliegen eines Radarkontakts (scramble) und ausschließlich dann erfolgen, wenn Glons eine weitergehende Identifizierung für notwendig erachtet. SOBEPS ist befugt, eine begrenzte Zahl von Mitarbeitern zu bestimmen, die für die Beobachtung an Bord genommen werden." Herz, was willst Du mehr?
Weltpremiere, Aktion UFO-Identifizierung. Am Freitag, den 13. April, verkünden alle Medienorgane die sensationelle SOBEPS-Aktion, deren wissenschaftlicher Projektkoordinator Leon Brenig wurde, der von der "Präzision und Seriosität der Aussagen vieler Zeugen" beeindruckt war, insbesondere von den Eupener Gendarmen (siehe zu Anfang des Reports).
Dennoch gesteht er in Le Peuple zu, "beileibe kein Spezialist auf diesem (UFO-) Gebiet zu sein", er stelle sich der Herausforderung und mache den Versuch, als Wissenschaftler, in "meinem Fall als Physiker", ein rätselhaftes Phänomen zu begreifen. Ob er da nicht scheitert, werden Sie zu recht fragen. Schon andere sind daran gescheidert, wenn sie ohne erkenntniswissenschaftliche Bildung in die Historie des UFO-Problems einstiegen und nun dachten, jetzt erstaunliche neue Informationen, Daten und Fakten präsentiert zu bekommen. Hier ging SOBEPS naiv an die Sache heran, wenn auch mediengerecht verkauft. Brenig hielt übrigens die Wahrscheinlichkeit einer extraterrestrischen Herkunft der belgischen Dreiecke für äußerst gering, obwohl wir gesehen haben, dass da doch einige Gebilde genau dieser Herkunft waren (wenn auch gänzlich anderer Natur, als UFO-Enthusiasten sich dies so gerne wünschen).
Freitag, 13. April 1990, 19 h. In der Halle des zivilen Flughafens Bierset herrscht ein ungewohnt reges Treiben. Dutzende von Menschen mit Fernsehkameras, Fotoapparaten und Mikrofonen drängen sich vor einer improvisierten Tribuene. Mehrere im letzten Augenblick aufgestellte Stuhlreihen sind mit Journalisten besetzt, die mit gezücktem Bleistift darauf warten, diesen "historischen" Augenblick zu dokumentieren. Der Präsident der SOBEPS richtet die einleitenden Worte an die Presse. Von überall her sind Journalisten angereist; nicht nur die belgischen Tageszeitungen, Wochen- und Monatsmagazine sind vertreten, anwesend sind auch Journalisten aus den Niederlanden, aus Deutschland, Frankreich, Italien und Schweden. Nicht zu vergessen das sowjetische Fernsehen. Nachdem Michel Bougard der Luftwaffe und namentlich Oberst De Brouwer herzlich für die materielle Unterstützung gedankt hat, erläutert er den Ablauf der geplanten Aktion und geht auf ihren außergewöhnlichen Charakter ein:
Diese Ermittlungen im Fall UFO sind eine Weltpremiere. Als Vertreter der Luftwaffe nimmt nun Oberst De Brouwer das Wort und stellt klar, dass die Verantwortung für das Unternehmen ausschließlich bei der SOBEPS liege und das Militär ihr nur "logistisch" unter die Arme greift. Damit hält er die Luftwaffe von Belgien scheinbar schadensfrei, was in Anbetracht der bisherigen Ereignisse schier zweifelhaft ist. Lächerlich gemacht hat sie sich ja bereits mehr als genug, ob es ihr aber auch aufging? Egal, für die Luftwaffe und Armee des Landes handelt es sich bei den UFOs um ein "technisches Kuriosum" (ein Hinweis auf die merkwürdigen Radarechos, darauf kam es dem Militär alleinig an) und auch diese Aktion war keine militärische Operation.
In der Wartehalle waren zwei Personen, die möglicherweise noch aufmerksamer als die Journalisten zuhörten und der ganzen Affäre eine politische Brisanz gaben: Pierre Couchard, Pressereferent im Ministerium Guy Coeme, und der Europa- abgeordnete Elio di Rupo, der, wie bekannt, später eine Eingabe hinsichtlich der Bildung eines "Europäischen UFO-Forschungszentrums" im Europa-Parlament machen wird - basierend auf den bisher geschilderten Ereignissen und den noch folgenden. Di Rupo hatte sich vorher bereits an der Arbeit von SOBEPS interessiert gezeigt. Die erste durchwachte Nacht verlief sehr ruhig. Auch der nächste Abend (Samstag, der 14. April) begann ziemlich gemütlich. Viele Journalisten hatten beschlossen, über Ostern nach Hause zu fahren. Doch gegen 21:30 h gehen plötzlich mehrere Anrufe ein, und die beiden Telefonleitungen sind schnell ausgelastet. Clerebaut wendet sich an den Vertreter von Kommandant Dumonceaux, SOBEPS bekommt zwei weitere Anschlüsse bereitgestellt - die kaum ausreichen: nahezu gleichzeitig erhalten die Forscher fünf Anrufe von verschiedenen Gendarmeriestellen und es kommt noch schlimmer. Auch die zivile Leitung nach Bierset ist ständig besetzt. Diese Telefonnummer hatte SOBEPS nicht über die Presse bekannt- gemacht, da man mit dieser Leitung mit dem Radar in Glons bzw dem Kontrollturm, von dem aus die Maschinen dirigiert wurden, in Verbindung bleiben wollte. Von Major Lambrechts, der an jenem Abend mit vor Ort war, bekam SOBEPS sofort die Erlaubnis, den Militäranschluss zu benutzen; dank dieser Leitung konnte man so nun mit einem in der Luft befindlichen Flugzeug in Verbindung treten.
Gegen 23 h fällt einem beim Fort de Flemalle postierten SOBEPS-Team etwas Merkwürdiges auf. Patrick Vidal, der dieses Team leitet, benachrichtigt umgehend das CRC Glons und die Zentrale Bierset. Zu den Dutzenden von Beobachtern in Flemalle zählen neben Vidal auch Stany Box und Joel Mesnard, der Herausgeber der französischen UFO-Zeitschrift Lumieres dans la Nuit. Mesnard war auf Einladung von P.Vidal, dem damaligen Chefredakteur der SOBEPS-Zeitschrift Inforespace, angereist. Über seine Erfahrung schrieb er später im Heft 301, Januar/Februar 1990, von LdlN: "Ich gebe zu, dass ich vielmehr aus Prinzip und um ein wenig mit den Leuten von der SOBEPS zu plaudern hingefahren bin als in der Hoffnung, das berühmte Dreieck beobachten zu können." Er hatte einen noch niemals zuvor von ihm verwendeten, ausgeliehenen Camcorder dabei. Er befand sich mit oben auf dem Hügel, auf dem ständig irgendwelche Wagen herbeikamen und wieder mit ihren Insassen abfuhren, wenn sich nichts besonderes ereignete. Sein Bericht lesen Sie bitte ab S.277 nach. Es tauchte auf jeden Fall eines der Dreiecke auf, hinter dem flugzeugmäßig ein rotes Blinklicht, eine Kreiselleuchte, sich befindet.
Leider verschwindet dieses geräuschlose Objekt alsbald hinter Bäumen auf dem Hügel, die die Sicht nehmen. Vidal meinte durchs Fernglas einen "Deltaflügler mit zwei gekrümmten Seitenleitwerken am Heck" auszumachen, was sich jedoch auf dem Videofilm von Mesnard nicht abbildet. Glons hatte dennoch auf seinem Radar nichts gehabt, "was dieser Beobachtung entsprochen hatte". Scheinbar flog dieses Gebilde zu niedrig. Dennoch lag für SOBEPS der "Ernstfall" vor und dieser erfüllte die besten Voraussetzungen für den Einsatz der HS 748. Clerebaut, Bougard und Brenig beschließen also zu handeln und fordern die diensttuende Besatzung zum sofortigen Start auf. Neben den Militaers gehen mit Brenig fünf bis sechs Physiker an Bord, Clerebaut nimmt in der Pilotenkanzel Platz - doch sie mussten mehr als 30 Minuten in dieser Warteposition ausharren!
Glons gab kein grünes Licht, solange keine Radarbestätigung vorlag und dies war lt. Vorbesprechung am 11. April deutlich die Grundvoraussetzung. CRC Glons erteilt nur dann Starterlaubnis, wenn die vom Boden aus gemachten Sichtungen entweder durch die Gendarmerie oder durch ein SOBEPS-Team bestätigt wurden, und die F-16 werden nur eingesetzt, wenn ein bestätigtes Radarecho oder ein Sichtkontakt von einem der patrouillierenden Flugzeuge aus vorliegt. Diese Instruktionen waren von den diensthabenden Offizieren in Glons schlichtweg nicht richtig verstanden worden, und erst im Laufe der Nacht wurde auf Oberst De Brouwers Intervention (aus dem deutschen Ramstein her, wo er sich gerade aufhielt) hin der SOBEPS freie Bahn gegeben; um 23:55 h hebt die HS 748 von Bierset ab. De Brouwer kündigt seine sofortige Rückkehr nach Belgien an.
Die Maschine nimmt zunächst Kurs auf den Raum Lüttich und dreht dann Richtung Eupen ab. Die Piloten gehen gelegentlich bis auf 900 Fuß herunter, obwohl die zulässige Mindestflughöhe bei 1.500 Fuß liegt (das hatten wir doch schon einmal, diesen Verstoß gegen die Luftfahrtbestimmungen, und nun noch "hochoffiziell"!). Die Maschine befindet sich eine Viertelstunde in der Luft, als Bougard den Anruf des von Jean Debal geleiteten mobilen SOBEPS-Einsatzkommandos erhält, das in der Nähe von Ramillies Stellung bezogen hat. Es meldet ein beständiges, merkwürdiges orangegelbes Leuchten, das plötzlich aufgetaucht ist und einen festen Punkt am Horizont anstrahlt. Gegen 0:40 h trifft die HS über Ramillies ein, nachdem sie den Punkt mehrfach überflogen hat und sich keine neuen Hinweise ergeben, beschließt man, mit der HS nach Bierset zurückzukehren; dort sind die Journalisten wieder da und haben ihre Gerätschaften aufgebaut. Kaum haben Brenig und Clerebaut die Landebahnabsperrung hinter sich gelassen, werden sie buchstäblich überrannt. Sie erläutern der Presse die jüngste Ereignisse und betonen, dass man nichts habe beobachten können. Piloten und Wissenschaftler hatten lediglich einige unerklärliche Lichtblitze bemerkt (später erfuhr man, dass das in Ramillies postierte Team der SOBEPS einem Irrtum unterlag: Das orangefarbene Leuchten, das ihnen merkwürdig vorkam, war durch die Beleuchtung einer gefährlichen Kreuzung entstanden, die wegen plötzlich aufgezogenen Bodennebels verstärkt worden war und einen breiten, diffusen Lichtsaum bildete; bei den Lichtblitzen handelte es sich um nichts anderes als die starken Taschenlampenblitze, mit denen man versucht hatte, dem Flugzeug die Richtung des verdächtigen Lichts zu zeigen).
Am Nachmittag des 15. April, Ostersonntag, hatte die Medienberichterstattung viele Menschen zum Besuch des Flughafens Bierset angelockt. Der UFO-Ostermarsch 1990 quasi. Das Durcheinander in der Abfertigungshalle war nahezu vollkommen; einen Ordnungsdienst gab es nicht, und in der von Schaulustigen aller Altersstufen belagerten Cafeteria kletterten die Leute auf die Tische, um eine bessere Sicht zu haben; Chaos. Sicht worauf eigentlich? Für die SOBEPS-Mitarbeiter war in einer Ecke der Abfertigungshalle eine Glaskabine reserviert worden. In diesem "Aquarium" mustern die Schaulustigen nun mit neugierigen Augen die "Jäger der Untertassen" und bestaunten sie. Es herrschte eine atmosphärische Mischung zwischen Jahrmarkt und wissenschaftlicher Forschung vor.
Seit Freitag ertönte in dem Glaskäfig mehrere hundert Mal zu nächtlicher Stunde das Telefon. "In der Tat viele Verwechslungen", räumte Bougard ein. Flugzeuge, von den Wolken reflektierte Laserstrahlen, der Widerschein eines Kirmeskarussells oder einer stark beleuchteten Straßenkreuzung waren Ursachen, weshalb so mancher Beobachter den Kopf verlor - siehe S. 283. Und dazu wurde dieses eigentlich für nebensächlich gehaltene Thema nun von den Spaßvögeln an sich gezogen und weiter ins Lächerliche gezogen. Um 21:30 h steigt die kleine zweimotorige Islander auf, an Bord befindet sich mit weißer Mähne und in mausgrauem Anzug Physikprofessor Meessen; die Maschine wird fünf Stunden lang das Maastal abfliegen und jeder Sichtungsmeldung eines Postens folgen. Auf dem Flugplatz selbst geht jedes mal ein Raunen durch die Reihen, sobald sich nur der kleinste Zipfel einer Linienmaschine erkennen lässt. Allein dies ist schon eine bemerkenswerte psychologische Situation, die darauf hinweist, dass das eigentliche UFO-Phänomen der Fliegenden Dreiecke nahe der Verwechslung mit einem nächtlings durch die Luft ziehenden Flugzeug liegt, da diese dem nun inzwischen archetypisch gewordenen UFO-Muster von Belgien nahe liegt.
Belgien, der französischsprachige Teil jedenfalls, hat eine verrückte Nacht. Am Telefon und im Radio überschlagen sich die Meldungen von "großen Leuchtpunkten" und falschem Alarm! Da ist sogar ein Armeeangehöriger, der der Gendarmerie berichtet, er habe einem Dreieck mit seiner Taschenlampe Zeichen gegeben und das UFO habe ihm mit seinen großen Scheinwerfern geantwortet. Doch um 1:40 h nachts kehrt die Islander zurück, ohne auch nur die Spur eines UFOs geortet zu haben. Um 2 h kehrt in Bierset für eine Stunde wieder hektische Betriebsamkeit ein. "Sichung in Oneux, Meldung aus Wavre!" Doch die Menge schenkt dem eiligst wieder aufgestellten Gerät kein Gehör mehr. Man drängt zu den Ausgangstüren und reisst die SOBEPS-Verantwortlichen mit nach draußen auf den Parkplatz, zu einer sensationellen Beobachtung: Dort unten zwischen zwei Bäumen schwebt ein geheimnisvolles Licht, auf das zahllose Ferngläser gerichtet sind. Die etwa fünfzig noch anwesenden Personen können das mutmaßliche UFO zehn Minuten lang beobachten; aber der Blick durch das inzwischen aufgestellte Fernrohr zeigt, dass es sich lediglich um einen trügerischen Lichtreflex an einer Hochspannungsleitung handelt. Um Punkt 3:12 h geht eine schier unglaubliche Nachricht des bei Wavre postierten mobilen Teams "Zulu" ein: "Es bewegt sich nicht!" Der Schrei, der aus dem Lautsprecher dröhnt, lässt jeden hochfahren. Die letzten noch verbliebenen Journalisten kritzeln die folgenden, mit vor lauter Aufregung zitternder Stimme gesprochenen Worte mit: "Eine riesige, rote Scheibe kommt auf mich zu!" Jemand schnappt sich das Mikro und gibt dem Team die Anweisung, sofort Aufnahmen zu machen. Am Beobachtungsposten ist man hörbar beeindruckt: "Einfach toll!"
"Sie stehen unter Schock", kommentiert ein Verantwortlicher. "Zulu" aber zögert plötzlich: "...Ich glaube, das ist der Mond." - "Bestätigen, ob Mond." Eine Hand bemächtigt sich des Mikrofons: "Der Mond geht im Osten auf." Vom anderen Ende Belgiens kommt die kleinlaute Antwort: "Es ist der Mond!" Und es ist 4 h morgens. Bierset leert sich, die Telefone dämmern ungenutzt dahin, und das Geheimnis um die Dreiecke wird immer undurchdringlicher. Da sah man aber auch hoffentlich bei SOBEPS ein, dass das wilde Einsetzen von interessierten Personen ohne qualifizierte "Ausbildung" als UFO-Untersucher mehr schaden anrichtet, als nutzen kann.
Man stelle sich die Peinlichkeit vor, eine ehrwürdige UFO-Organisation lässt sich vom Mond narren, wie hier geschehen! Hier spielt zudem das erwartungsvolle und emotional überladene Klima eine wichtige Rolle, um solche Fehldeutungen zuzulassen, die erfahrenen IFO-Kennern nur schwerlich unterlaufen würden, UFO-Freunde dagegen laufen schnell Gefahr auf einen völlig falschen Dampfer aufzuspringen. Die Skywatch-Erfahrungen von Endeder 60er Jahre sollte uns doch allen zu denken geben, außer Aufregungen erbringen sie nichts, ganz im Gegenteil: In diesem Klima erwarten die Menschen "Erscheinungen" und haben alsbald "Visionen" der höheren Art, ausgelöst von gänzlich nichtigen Dingen und verstärkt durch den Willen zum Glauben. Ganz zu schweigen vom bewussten Schwindel, dem gesteuerten Ulk, der sich in der Warminster-Erfahrung aus England manifestierte und dem man mehr als fünfundzwanzig Jahre ausgesetzt war, bis sich die Affäre auflöste und zwar wie üblich: Im ufologischen Traumland. Doch will mir scheinen, dass die UFO-Enthusiasten daraus einfach nichts lernen wollen, sonst würden sie sich nicht wieder und wieder solche Pleiten einhandeln und damit mehr und mehr an Reputation einbüßen, wenn sie solche überhaupt jemals besaßen.
Wie ging es weiter? Auf Anregung des Islander-Piloten, Hauptfeldwebel Legros, beschloss man, am Sonntag ohne vorherige Meldung aufzusteigen und die Maschine über den überwachten Regionen "auf Abruf" bereitzuhalten.
Gegen 21 h startete die Maschine wieder und dieses Mal mit reduzierter Crew: Prof. Meessen, Leon Brenig, Lucien Clerebaut, Patrick Ferryn und dem für SOBEPS tätigen Kameramann Claude Cubat. Am Montag, dem 16. April, nochmals das gleiche Spiel, jedoch nur zwei Flugstunden lang, da sich die Kerosintanks der Islander zu leeren begannen. Der wichtigste Anruf kam gegen 23:15 h von der Gendarmerie Marche. Mehrere Einwohner der Gemeinde hatten eine halbe Stunde zuvor das berühmte Dreieck gesehen. Eine halbe Stunde! Der 17. April verlief deutlich ruhiger, die Flugzeuge blieben am Boden, bei SOBEPS machte sich Verdrossenheit breit. "Einmal mehr wurden uns die Grenzen der Aktion deutlich, und die Enttäuschung über die vielen unvermeidlichen Missverständnisse und Verzögerungen stand uns in den übermüdeten Gesichtern geschrieben", ist auf S. 285 zu lesen. So reagiert auch die Pressewelt erwartungsgemäß: Die Beobachtungen vom vergangenen Wochenende waren sicher nicht mit den Sichtungen vergleichbar, von denen einige Augenzeugen seit Ende November berichtet haben. Doch wenn fast alles Erdenkliche für ein UFO gehalten wird, besteht die Gefahr, dass die bisherigen Aussagen an Glaubwürdigkeit einbüßen. Die Menschenmengen, die am Sonntagabend den Straßenrand säumten, waren einer Massenpsychose nahe, und man darf sich fragen, ob nicht die Beteiligung der breiten Öffentlichkeit mehr geschadet als genutzt hat. (So, richtiggehend erkenntniswissenschaftlich, der La Derniere Heure am 17.4.90.) Selbst Tele- Moustique war sich den Rummels über, den die Medien um die Aktion veranstaltet hatten und deshalb titelte: UFOmanie und Medien... impressionistische Jagdszenen unserer Fernsehsender. Und RTL-TVi ließ sich als Hauptthema vom Sonntagabend den kollektiven Wahn nicht entgehen und zeigte Menschen, die mit Fingern auf irgendwelche Sterne deuteten und zu Hunderten zum Flughafen strömten, wo die Irrationalität von allen Besitz ergriffen hatte. Eine Reporterin interviewte sogar eine Hellseherin, die den Kurs der UFOs weissagte.
Prima Klima. Die Sender "La Cinq" und die BBC harrten 48 Stunden an Ort standhaft aus und brachten kilometerlange Filmreportagen nach Hause. Mehrere deutsche und niederländische Sender hatten sich Hotelzimmer reservieren lassen; Dutzende Fahrzeuge von Journalisten belagerten den Parkplatz vom Flughafen Bierset. Das Figaro-magazine vom 21.4.90 brachte eine ausgezeichnete Bild-Reportage und kommentierte: "Dieser kleine, mittellose Verein, der das Phänomen nun seit fünf Monaten untersucht, erteilt den Medienprofis ständig Lektionen. Ausdauernd bis zur Erschöpfung und extrem geduldig mit einer Presse, die sie unablässig mit törichten Fragen behelligt, haben uns diese hochengagierten Freiwilligen zumindest eines gezeigt: Wenn denn der Schlüssel zum Geheimnis eines Tages gefunden werden sollte, haben wir das nicht zuletzt ihrem Wissensdurst zu verdanken."
Bereits auf der SOBEPS-Pressekonferenz vom 18.12.89 hatte Bougard auf die Probleme einer massiven Sichtungswelle hingewiesen: Die Berichterstattung führt zu stärkerer Beobachtungsbereitschaft in der Öffentlichkeit, was gelegentlich echte Massenhysterie auslöst, in der es leicht zu Verwechslungen und bewussten Täuschungsmanövern kommt. Man hatte die Erfahrung bereits in der ersten vergleichbaren Aktion Mitte März gemacht:
Einige wenige wichtige Sichtungen gingen in einem Meer überflüssiger Anrufe, absurder Missverständnisse und offensichtlichen Verwechslungen unter. Zeugen von Nahsichtungen rufen nie gleich nach ihrer Beobachtung an; sie nehmen sich erst "Bedenkzeit" - mehrere Minuten bis Stunden, in einigen Fällen sogar Tage oder Monate. Dies war zu diesem berühmten Ostermarsch nicht anders.
Kommen wir zu dem Fall der Sichtung von Jose Olette in Arche, diese Zeugenaussage hatte offenbar zum Start der Islander des SOBEPS-Team am Abend des 16. April geführt. Auf S. 291ff können Sie diese nachlesen, die dazugehörige Abbildung sieht verdammt nach einem Ballon aus, der schließlich auch noch senkrecht nach oben davonzieht, "nachdem die drei Lichter schwächer geworden sind", was auf einen Heißluftballon hindeuten könnte, dessen Betriebsstoff nach etwa zwanzig Minuten langsam verlosch.
Olette beschrieb das Objekt von unten her gesehen wie "Metallblech", metallische, aluartige Folie? In der Nacht vom 22. auf den 23. April gab es zwischen Ellezelles und Basecles merkwürdige Ereignisse, weshalb man bei SOBEPS einmal mehr nicht zu Bette gehen konnte. Gegen 3 h nachts versuchte Lucien Clerebaut verzweifelt einen Gesprächspartner am anderen Ende der Leitung davon zu überzeugen, dass der am Himmel gesichtete Leuchtpunkt nur ein Stern sei und kein Anlass bestehe, die Gendarmerie zu benachrichtigen. Weiterhin gab es also Fehldeutungen in der Dreiecks-Welle.

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