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22.02.2007 |
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Zum Problemkreis der Digital-Foto-Fälschung... Welt Online: Wahrheit und Fälschung in der Digital-Fotografie
Wahrheit und Fälschung in der Digital-Fotografie
Die digitale Bildbearbeitung macht´s möglich: Eine professionelle Fälschung ist selbst vom geschulten Auge nicht zu enttarnen. Doch auch in der digitalen Welt hinterlässt jeder Schritt Spuren. Fälschungen lassen sich mathematisch aufspüren.
Das Fälschen von Fotografien hat eine lange Tradition. Zu den legendären Beispielen gehört ein russisches Bild aus der Zeit nach der Oktoberrevolution. Es zeigt den Kreis der revolutionären Nomenklatura bei einer Rede von Lenin. In einer auf der gleichen Veranstaltung fast zeitgleich entstandenen Fotografie entdeckte man später, dass Leo Trotzki entfernt worden war - er war in Ungnade gefallen. Mit der Retusche war der Fotograf vermutlich Stunden in der Dunkelkammer beschäftigt. Heute gehen derartige politisch, kommerziell oder künstlerisch motivierte Veränderungen nicht nur schneller, sondern auch unauffälliger. Digitale Bildbearbeitung macht´s möglich. Mikrometerweise lassen sich Bildinhalte entfernen, ersetzen, verändern. Die professionelle Fälschung ist selbst vom geschulten Auge nicht zu enttarnen.
Nicht vom Auge, aber vom Computer, sagte der US-Mathematiker Hany Farid, der am Dartmouth College in Hanover (New Hampshire) arbeitet. Farid gilt als Experte und arbeitet für das FBI und für Fachmagazine, die Fälschungen im Wissenschaftsbereich entlarven wollen. "Ich bin angewandter Mathematiker und zu einer Art von Digitaldetektiv geworden", sagte Farid jetzt dem Magazin "Nature". Eine vergleichsweise einfache Art der Kontrolle von Manipulationen betrifft den Lichteinfall in verschiedenen Teilen des Bildes. Wenn Personen abgebildet sind, schaut Farid zuerst auf die Augen. "Unsere Augen sind wie Spiegel - man sieht eine Menge in dem Punkt mit dem Reflex des Lichts." Dort spiegeln sich Richtung, Form und Farbe der gespiegelten Lichtquelle. Wurden Person oder Hintergrund ausgetauscht, entsteht eine Diskrepanz. Die Richtung des Lichteinfalls kann Farid mit Rechnerhilfe auf etwa 15 Grad genau identifizieren - weit genauer, als es das Auge vermag.
Spezifische Pixel-Muster hinterlässt auch das Drehen von Objekten oder deren Größenänderungen, der Computer muss hier fehlende Pixel neu einsetzen. Deren Textur weicht von der Umgebung ab. Auch das Kopieren eines Bildteils hinterlasse Spuren, die ein leistungsfähiger Computer entdecken könne, sagte der US-Mathematiker, der dafür spezielle Algorithmen entwickelt hat. Er teilt das Bild in zahlreiche kleine Domänen auf, ermittelt die Farbwerte jedes Pixels und vergleicht sie über Domänengrenzen hinweg. Normaler weise gibt es kein Bild mit größeren Bereichen, die identische Farbmuster aufweisen. Wenn doch, so sei das ein ziemlich eindeutiger Hinweis auf eine Manipulation. Die Sicherheit der Aussagen leidet allerdings bei starker Bildkompression, zu viel der Information gehe verloren, Spuren von Pfusch würden im so entstehenden Bildrauschen untergehen. Die zunehmende Bildgröße, die Digitalkameras liefern, ist da zwiespältig. Einerseits ist es für Fälscher zunehmend schwerer, mit den großen Datenmengen umzugehen - irgendeine Spur bleibt da fast immer. Wenn dann aber die Bilddateien umso stärker komprimiert werden, verwischt das jedoch die Spuren auch.
Der Wissenschaftler sieht einen steigenden Bedarf für das Enttarnen digitaler Fälschungen. Dem tragen zwei neue Fachmagazine der Internationalen Ingenieursvereinigung (IEEE) und der Gesellschaft für Industrielle und Angewandte Mathematik Rechnung. Farid erhält mehr und mehr Anfragen, etwa zu Fotos, die Menschen in kompromittierenden Situationen zeigen. So sähen sich beispielsweise mehr Menschen zu Unrecht auf Fotografien, die angeblich Ehebruch belegen. Er erhält auch Anfragen zu Dokumentationsfotos, die manipuliert wurden, um etwa medizinischen Pfusch zu verdecken. Eine Bitte um Analyse stammte von einem Gefängnisinsassen, der angeblich aufgrund einer Bildfälschung verurteilt worden war. Und im Gefolge des Skandals um den koreanischen Klonforscher Hwang Woo-suk erreichte den Mathematiker auch die Bitte eines Forschers, der Fotomanipulationen eines Mitarbeiters vermutete - es zeigten sich jedoch nur legitime Veränderungen, die keine Fälschungen waren. Hany Farid sieht im Wissenschaftsbereich einen Mangel an klaren Vorgaben für Autoren. Die Herausgeber von Fachmedien müssten hoch aufgelöste Fotos zur Bedingung für Publikationen machen. Die Chance, als Bildfälscher unentdeckt zu bleiben, sinke dann dramatisch. Allerdings ist Farid selbst skeptisch, ob das Wettrüsten zwischen Fälschern und Digitaldetektiven auf lange Sicht zu gewinnen ist: "Sie werden gewinnen. Es wird immer einfacher sein, ein Bild zu fälschen, als eine Fälschung aufzuspüren."
Quelle: http://www.welt.de/wissenschaft/art...
vom 20.2.07 Externe Linkshttp://www.welt.de/wissenschaft/article726864/Wahrheit_und_Faelschung_in_der_Digital-Fo... |
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