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25.02.2006


    
Presse: Eine Geisterwolke zog über den Norden

Ein rätselhaftes Himmelsphänomen zwischen Ostfriesland und Kassel beschäftigt die Meteorologen: „Hier geht es nicht mit rechten Dingen zu.“

Eine Geisterwolke zog über den Norden

Ein rätselhaftes Himmelsphänomen zwischen Ostfriesland und Kassel beschäftigt die Meteorologen: „Hier geht es nicht mit rechten Dingen zu.“

Von Mathias Klein

Hannover. Meteorologen rätseln über ein Phänomen. Am 19. Juli vergangenen Jahres war auf den Radarbildern über Norddeutschland eine dichte Regenwolke zu sehen: An dem Dienstag erstreckte sich von den Ostfriesischen Inseln bis nach Hessen die scheinbare Wolke auf einer Länge von 400 Kilometern. Bis zu 100 Kilometer breit war die Wolke auf dem Radarbild. Und es regnete stark, jedenfalls dokumentieren das die Aufnahmen.

Aber das stimmt alles gar nicht. Es gab am 19. Juli 2005 kein dickes Wolkenband über dem Mittagshimmel und es regnete auch nicht stark. „Hier geht es nicht mit rechten Dingen zu“, sagt Karsten Brandt, Meteorologe und Geschäftsführer beim Wetterdienst Donnerwetter in Bonn. Gemeinsam mit allen Wetterexperten aus Deutschland und den Niederlanden ist sich Brandt einig, dass es für die Geisterwolke keine natürliche Erklärung gibt (wie Vogelflug oder Kerosin aus einem Flugzeug). Auch die Radaranlagen hätten sich nicht getäuscht, die Aufnahmen wurden unabhängig voneinander in den Niederlanden, in Emden und in Hannover vom Deutschen Wetterdienst gemacht.

Brandt vermutet „geheime militärische Experimente“ als Ursache für die Geisterwolke. „Es wurde künstlich in die Wetterentwicklung eingegriffen und das kann nur von Militärs gemacht werden“, sagt der Meteorologe. Er hat deshalb jetzt bei der Staatsanwaltschaft Bonn Strafanzeige gegen unbekannt wegen großflächiger Umweltverschmutzung und Irreführung der Öffentlichkeit gestellt.

Entdeckt hatte das Phänomen ein Meteorologe des Deutschen Wetterdienstes in Offenbach. Jörg Asmus war aufgefallen, dass das Radarbild und das tatsächliche Wetter nicht übereinstimmten. Gemeinsam mit Kollegen aus Deutschland und den Niederlanden, einem Physiker vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt in Oberpfaffenhofen sowie einem Geowissenschaftler der Bundeswehr kommt er zu einem Ergebnis: Es wurden Teilchen in die Atmosphäre ausgebracht, die vermutlich den Niederschlagsradar stören sollten.

Die Teilchen wurden an der holländischen Nordseeküste in einer Höhe von sechs Kilometer ausgesetzt, berichtet Brandt. „Bei der großen Menge müssen das drei Flugzeuge gewesen sein“, erklärt er. Der Wetterexperte hat drei mögliche Erklärungen für das militärische Experiment. Die Militärs könnten einen Terroranschlag simuliert haben und wollten herausfinden, wie sich eine Substanz über Holland und Niedersachsen verbreitet. Oder man könnte ein Wetterexperiment gemacht haben. Eine weitere Möglichkeit könnte der Versuch sein, die Wettervorhersage zu beeinflussen.

Im Zweiten Weltkrieg hatten Militärs versucht, im Radar des Feindes Verwirrung zu stiften. Damals machten sie das mit kleinen Streifen aus Stanniolpapier. Die am 19. Juli 2005 verwendeten Teilchen sind so leicht, dass sie mit geringer Sinkgeschwindigkeit durch die Luft fliegen und so groß, dass sie Radarstrahlen reflektieren.

Möglicherweise wurde mit dem Experiment die Umwelt großflächig verschmutzt, meint Brandt. Denn östlich einer Linie Lüneburg – Kassel fing die scheinbare Wolke am Nachmittag an, sich aufzulösen. „Die Teilchen sind dann über dem östlichen Niedersachsen und in Ostdeutschland runtergekommen.“

Quelle: Peiner Allgemeine Zeitung vom 24.02.2006

Militär: Die Geisterwolke stammt nicht von uns

Behörden rätseln über Verursacher des Phänomens auf dem Radarschirm / Viele Bürger beunruhigt

Hannover (kau). Die geheimnisvolle Regenwolke, die nur auf dem Radarbild existierte, gibt weiter Rätsel auf. Nach Angaben des Bundesverteidigungsministeriums hatte die Wolke, die am 19. Juli vergangenen Jahres über Norddeutschland hinwegzog, keinen militärischen Ursprung. „Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass die Wolke von unseren Luftstreitkräften verursacht wurde“, sagte ein Sprecher des Ministeriums am Freitag. Es habe zu diesem Zeitpunkt keine Übung in diesem Bereich stattgefunden. Zu der Vermutung, es habe ein militärisches Experiment stattgefunden, sagte der Sprecher: „Wir machen solche Dinge nicht.“

Die mysteriöse rund 400 Kilometer lange und 100 Kilometer breite Wolke war im vergangenen Sommer auf dem Niederschlagsradar der Meteorologen zu sehen. „Das Radarecho war sehr stark, wie bei einem Starkregen oder einer Gewitterfront“, sagt Karsten Brandt, Meteorologe und Geschäftsführer beim Wetterdienst Donnerwetter in Bonn. In Wirklichkeit gab es an besagtem Tag aber keine Riesenwolke über dem Norden. Das Phänomen entdeckt hatten Meteorologen des Deutschen Wetterdienstes, wie kürzlich bekannt wurde.

Die Nachricht von der Wolke hat offenbar viele Menschen aufgeschreckt. „Wir können uns kaum retten vor Anfragen“, mehr als 1000 E-Mails habe er bekommen, auch von Militärexperten, berichtet Brandt. „Viele Bürger sind verärgert, dass offenbar heimlich solche Experimente gemacht werden und verlangen Aufklärung“, sagt Brandt. Der Meteorologe hat Strafanzeige gegen Unbekannt gestellt. Er ist sich „ganz sicher“, dass das Militär der Verursacher war. „Kein Privater kann in sechs Kilometern Höhe operieren.“ Brandt vermutet, dass entweder die Ausbreitung einer Substanz getestet wurde oder jemand versucht hat, dass Wetterradar zu beeinflussen. Wetterexperimente, die nach UN-Regeln verboten sind, seien ebenfalls möglich.

Die „Geisterwolke“ beschäftigt inzwischen die Behörden. „Es ist keine Radioaktivität frei gesetzt worden“, sagte eine Sprecherin des Bundesamtes für Strahlenschutz in Salzgitter. „Das hätten wir mit unserem engmaschigen Messnetz sofort bemerkt.“ Das Bundesumweltministerium weiß nichts über eine Verschmutzung von Böden in einem Gebiet zwischen Lüneburg und Kassel. Dort soll sich die Wolke aufgelöst haben. Hätte sie chemische Stoffe oder Teilchen enthalten, hätten diese in diesem Gebiet herunterkommen müssen. In der Fachbehörde des Ministeriums, dem Umweltbundesamt, nimmt man das Phänomen ernst. Es gebe Gerüchte über Experimente mit chemischen Substanzen zur Terrorabwehr, sagt ein Sprecher.

„Wir wussten nichts von der Wolke“, heißt es bei der Deutschen Flugsicherung. Hätte das Radar ein Starkregenfeld angezeigt, hätten Passagiermaschinen ausweichen müssen, erklärt Sprecher Axel Raab. Das sei nach seiner Kenntnis nicht geschehen. Der ehemalige Fluglotse hält eine vom Militär ausgelöste elektronische Störung des Radars dennoch für denkbar. „Früher machten sie das öfter mit kleinen Streifen aus Stanniolpapier, heute geht das, ohne dass hinterher Teilchen vom Himmel fallen.“

Quelle: Peiner Allgemeine Zeitung vom 25.02.2006


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