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16.01.2005


    
Die Reise zu einer anderen Welt - Titan

Der Griff nach den Sternen, genauer hingeschaut von Werner Walter

Eine Art Zeitreise in unsere eigene Vergangenheit. Spannende Zeiten in der kosmischen Erkundung beim Griff zu den Sternen (Deutschland zahlte hierfür 115 Millionen Euro, insgesamt kostete die Mission 2,5 Milliarden Euro).

Mit der internationalen Raumsonden-Mission ´Cassini-Huygens´ (der ESA-Lander ´Huygens´ flog da sieben Jahre lang Huckepack auf der NASA-Muttersonde ´Cassini´ mit und wurde am 25.Dezember 04 ausgeklinkt, um sich selbstständig in Richtung Titan zu machen) sollte ein intimerer Wissenschafts-Blick auf den bisher mysteriösen (weil von einer Wolkendecke die optische Durchsicht verdeckt wird) Saturn-Mond Titan geworden werden. Eine fremde Sonderwelt mit exotischer Oberfläche in unserem Sonnensystem. Titan ist darüber hinaus noch der zweitgrößte Mond aller Planeten im Solaren System. Der Saturn-Mond Titan besitzt im Gegensatz zu den meisten anderen Körpern in unserem solaren System eine "dichte Atmosphäre"! Genauer gesagt um eine "dynamisch aktive Atmosphäre" trotz Minus 180 Grad Celsius. Kurzum: Das Studium von Titan gehört mit zu den Hauptaufgaben der ´Cassini-Huygens-Mission´. Der Saturnmond hat, so die Vermutung vieler Forscher, eine jetzige Atmosphäre (Gashülle), die der frühen Erde vor 4 Milliarden Jahren gleichen könnte. Eine Umgebung in der die Vorstufen des Lebens gedeihen, wenn auch NICHT von einfachsten Leben an sich dabei zu sprechen ist! Was aber natürlich viel viel interessanter ist als die Mars-Erkundung ausfällt, weil es auf dem ´Roten Planeten´ ja keine wirklich aktive Atmosphäre mehr gibt, auch wenn es mal vor Milliarden Jahren dort Wasser in Meeren etc gegeben haben mag. Daher könnte man auf dem aktiven Titan erforschen wie das Leben an sich entstand. Hoffte man.

Enthüllung der Geheimnisse einer für uns "neuen" Welt. Die Erwartungen waren wissenschaftlich gesehen hoch (auch wenn die breite Öffentlichkeit in diesem Fall nicht gerade in ´Hysterie´ verfiel und kaum was im Vorfeld mitbekam) (1), astrophysikalische Reformen geradezu erwartet. Mit dem ESA-"Raumschiff" namens ´Huygens´ wurde auch erstmals eine CD als PR-Gag auf eine ausserirdische Welt gebracht - voll mit Rockmusik und Grußbotschaften aus Europa (die ESA hatte Europäer ehemals aufgerufen die einmalige Gelegenheit zu nutzen um eMails in den Kosmos auf dieser CD gebrannt zu schicken (2). ´Huygens´ sollte dann an einem Fallschirmset zwei Stunden lang durch die Atmosphäre auf Titan niedergehen, um mit sechs Bordinstrumenten Daten vom geheimnisvollsten aller Monde (selbst größer als die Planeten Merkur und Pluto) im Sonnensystem zu erfassen (und an die Muttersonde ´Cassini´ zurückzuschicken, die dann diese als Realais zur Erde zum Kontrollzentrum in Darmstadt übermittelte - mit 5 Stunden Zeitdifferenz wegen der Distanz). Darunter übrigens auch ein Mikrofon um Sounds vom Saturn-Mond aufzufangen. Erstmals sollte also übermittelt werden, wie es auf einer anderen Welt klingt. Und es gelang fast zu 100 % - man bekam gleich bei den ersten Daten "das Wetter zu hören" von einem kosmischen Körper Milliarden Kilometer weit entfernt! In einer von Bildern bestimmten Welt ging dieser Aspekt leider etwas unter. Natürlich kamen keine "Stimmen aus dem All" durch, aber trotzdem Geräusche von einer anderen Welt. Wind und Wetter gibt es auf dem Titan. Auf einer Welt bei der die Sonne 10 x weiter entfernt ist als von der Erde. Dies ist eine Dynamik, wie wir sie von keiner anderen vorausgehenden Raumerkundungs-Mission innerhalb den Solar-Systems bisher kannten. Zugegeben, damit wird der Saturn-Mond noch spannender als Planet Mars! Und es ist verständlich, wenn den beteiligten Wissenschaftlern die Stimme versagte oder sie den Tränen nahe waren. Es war ein großer Tag der Weltraumforschung. Ein historisches Ereignis, auch wenn wohl die meisten Menschen dies so nicht erkannten bzw verstanden.

(1) = Trotzdem ging es auch um den Ruhm sowie Prestige der europäischen Raumforschung, nachdem sie knapp ein Jahr zuvor bei einer ähnlichen Mission auf dem Mars ihre "Beagle II"-Sonde aus nach wie vor unerfindlichen Gründen verlor. Eine herbe Schlappe war dies.

(2) = Der Weltraum rückte uns näher. Mehr als 80.000 Menschen fanden sich bereit eine Nachricht zu fernen Himmelskörpern zu schicken. Im Internet können diese Nachrichten unter http://television.esa.int/Huygens/i... eingesehen werden. Ob "Aliens" jemals diese Botschaft sehen oder hören können, ist fraglich. Doch das ist momentan unerheblich. Viel spannender wird jetzt die beginnende philosophische Diskussion: Ist das, was die Schöpfer auf diese CD gebannt haben, repräsentativ für Europa? Kann man ein interplanetares oder gar interstellares Kulturprogramm auf „Europa“ beschränken?

Historie als sensationeller Erfolg festgemacht: um 20:56 h des 14.Januar 2005 wurde der erste Schnappschuss vom rätselhaftesten Objekt des Sonnensystem aufbereitet. Um was geht es? Forscher vermuteten, dass der Titan der jungen Erde ähnelte wie jene vor Milliarden Jahren ausschaute. Nun erwies sich tatsächlich, dass der Titan eine stickstoffreiche Atmosphäre besitzt, insgesamt gesehen sogar dichter als die der Erde! Organische Moleküle, die Vorstufe für Leben. Womöglich. Titan ist seltsam, weil dort alles brennbar ist - der einzige Grund warum er nicht schon längst explodiert ist: dort gibt es keinen Sauerstoff (der wieder für unser irdisches Leben absolut notwendig ist). Die Oberfläche ist bedeckt von ´organischen Molekülen´ (wenn auch nur als Methan), sie regnen richtig vom Himmel. Flüssigkeiten (aber kein WASSER bzw Wassereis) in Bewegung, so jedenfalls und scheinbar die bisher übermittelten Bilder vom Abstieg Huygens durch die Titan-Atmosphäre. In dieser "Ursuppe" selbst ist es ungemütlich für Leben, was man auch immer wieder dazu anmerken muss. Also, so oder so - keine "Aliens" auf Titan. Nicht einmal Mikroben oder Viren. Niemand erwartet dort also "echtes Leben" oder seine Rückstände wie auf dem Planeten Mars zu finden (wo man immer noch nicht fündig wurde obwohl der Mars weitaus länger als ´Lebensplanet´ im Zentrum des Interesses steht als der Saturn-Mond Titan - als die ersten Mars-Sonden jenen Planeten in Augenschein nahmen dachte noch niemand an Titan in dieser Richtung!). Man fragt sich überhaupt auch, WARUM Titan eigentlich eine solche ungewöhnliche Atmosphäre hat. Am Boden selbst schaut es zunächst wie auf dem Mars aus. Trockeneis-Brocken liegen ringsumher. Ziemlich unfreundlich also. Dennoch: Es gibt keinen zweiten Platz im Solar-System wie jenen, auch wenn keineswegs Titan ein "idealer Urlaubsort" ist. Auf keiner anderen Weltenkugel mit fester Oberfläche (!, um die planetaren Gasriesen wie Saturn selbst herauszunehmen bzw abzugrenzen) im Kosmos wurde erstmals wirklich aktives Wetter festgestellt, und Wetter bedeutet dynamische Veränderung an einer festen Oberfläche. Die Titan-Daten sind wohl ein Schatz für die Menschheit. Machen aber auch Ehrfurcht gegenüber Mutter Erde auf, die wir so sehr schänden.

´Cassini´ selbst wird die nächsten Jahre über den Saturn als wunderschönes Ringsystem umkreisen und Meßdaten liefern; ´Huygens´ selbst ist nach einigen Stunden erledigt gewesen, da die bordeigenen Batterien erwartungsgemäß sich schnell entleerten. Die neuesten Bilder von der ESA vom Titan finden Sie unter http://www.esa.int/SPECIALS/Cassini... - weitere Detailinfos unter http://skyandtelescope.com/news/art... sowie unter http://www.astro.uni-bonn.de/~dfisc...

Externe Links

http://television.esa.int/Huygens/index.cfm
http://www.esa.int/SPECIALS/Cassini-Huygens/SEMC8Q71Y3E_1.html
http://skyandtelescope.com/news/article_1443_1.asp
http://www.astro.uni-bonn.de/~dfischer/mirror/285.html

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