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27.06.2004


    
Der "Meinungsführer" FAZ berichtet...

"Die Aliens, die wir liebten"

"Die Aliens, die wir liebten"

So nannte sich am 27.Juni 04 ein Artikel von Nils Minkmar in der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung", nachdem er mich am vorausgehenden Freitagvormittag interviewt hatte. >Die ersten Opfer nach dem Ende des Kalten Krieges: Loch Ness ist leer, der Yeti ist ein Bär, und die Ufos sind auch verschwunden. Und plötzlich waren sie weg.

Seit Jahresbeginn gab es in ganz Europa nur eine Ufo-Erscheinung, und zwar Mitte März im norwegischen Örtchen Lardal. Dort erleuchtete eine ungewöhnliche Explosion den nächtlichen Himmel. Mehrere Augenzeugen berichteten von einem Feuerball, der anschließend zu Boden sank. Sie suchten nach Erklärungen, fanden aber keine und verfielen daher auf den Gedanken, es könne sich um ein Ufo gehandelt haben. Presse und Polizei nahmen sich der Sache an. Einen Tag später fand man am Fuß eines Starkstrommasts die verkohlten Überreste einer Katze. Die ganze Ufo-Sache ist auf den Hund gekommen. Kaum einer schaut noch hin - und wenn doch, dann bleibt das Flugobjekt nicht lange unidentifiziert. Die sechs "flammenden Punkte" auf den Infrarotaufnahmen mexikanischer Luftwaffenpiloten etwa wurden innerhalb weniger Tage als Fackeln eines Offshore-Ölfeldes im Golf von Mexiko erkannt.

Seit dem Beginn des neuen Jahrtausends ist die Zahl der Ufo-Beobachtungen weltweit dramatisch zurückgegangen. Im einst so außerirdischenfreundlichen Großbritannien klagt, so berichtet die britische Tageszeitung "The Guardian", das "British Flying Saucer Bureau" über einen kompletten Zusammenbruch der Frequenz der Anrufe von soliden dreißig pro Woche auf trostlose null. Das "Ufo Magazine", einst spezialisiert auf den Nachweis von unerklärlichen Saugemalen an Schafskadavern und zeitweise mit 35.000 Auflage eine der führenden Publikationen der britischen Szene, wurde im März eingestellt. Wählt man die Nummer des "Mannheimer Ufo-Telefons", der ersten Adresse für unerklärliche Phänomene am deutschen Himmel, muß man es lange klingeln lassen, bis jemand abnimmt. Es gibt so wenige Anrufe wie noch nie. Ende der neunziger Jahre des letzten Jahrhunderts meldeten sich noch rund hundert Anrufer im Jahr, 2003 waren es gerade mal zwanzig. Nur jetzt, wenn am Abend die Sonne die Venus so direkt anstrahlt, erzählt Walter Weber, der skeptisch-pragmatische Amateur-Astronom der das "Ufo-Telefon" ehrenamtlich betreibt, gibt es einige wenige, die anrufen, während sie mit Höchstgeschwindigkeit den hell leuchtenden Abendstern auf der Autobahn verfolgen. "Warum auch nicht?" sagt Weber, "sind ja nur ein paar Millionen Kilometer bis zur Venus". Auch solche Fälle sind also schnell geklärt. "Die Luft ist raus aus dem Ufo-Thema", meint Walter Weber. In den neunziger Jahren seien halt gleich drei der mysteriösesten Mysterien der Szene - Roswell, die "Area 51" und die "Alien-Autopsie" - gründlich aufgeklärt worden, ganz ohne Rekurs auf extraterrestrische Interventionen.

Das Ende des Kalten Kriegs bedeutete eben auch das Ende einer ganzen Klasse, einer ganzen Kultur von globalen Geheimnissen. In einem der Nachrufe auf Ronald Reagan wurde daran erinnert, daß er bei seinem ersten Treffen mit Gorbatschow die Möglichkeit einer Zusammenarbeit der beiden Blöcke bei der Abwehr von Angriffen außerirdischer Wesen besprechen wollte. Verblüffend an dieser Anekdote ist eigentlich nur, daß sie so lang geheim blieb, so wie auch mal das Aussehen eines Markus Wolf geheim bleiben konnte, während man sich heute schon anstrengen muß, dem fröhlichen Vielschreiber und Politrentner aus dem Weg zu gehen. Jetzt veröffentlichen rüstige Veteranen des amerikanischen "Skyhook"-Stratosphärenballonprogramms ihre Memoiren und berichten fröhlich, ja nicht ohne einen gewissen "Ätsch"-Unterton, von ihren jahrzehntelangen nächtlichen Geheimexperimenten über Wüsten und Küstenregionen und vergleichen ihre Erinnerungen mit prominenten kollektiven Ufo-Sichtungen weltweit: Mutterraumschiff und Miniraumschiff in den sechziger Jahren über New Mexiko? Das war das Projekt "Grab Bag", wo ausprobiert wurde, ob die Ballons ihre Fracht mit Fallschirmen abwerfen können. Das Lichter- und Formationengewirr drumherum? Manchmal wurden die Skyhooks von Militärhubschraubern begleitet. Manchmal hatten sie schwach radioaktive Ladung an Bord, daher die leicht erhöhten Strahlenwerte an den Landeplätzen. Die berühmten Berichte über eine Gruppe von Ufos, die 1958 in sehr großer Höhe aus der Sowjetunion nach Westeuropa hereinschwebten? "Beschreibt recht genau unsere im Pazifik gestarteten WS461L-Flüge", schreibt B. Gildenberg, einigermaßen herzlos.

Wie ein vergessener Skyhook zieht Erich von Däniken noch seine letzten Runden am Ufo-Himmel, das macht aber nichts, er gilt längst als harmloser Kult. Seinem ulkigen Schweizer Erlebnispark sollen aber die Besucher ausgehen, zumindest die zahlenden irdischen. Die Ufos sind die dramatischsten, aber keineswegs die einzigen Opfer der neuen Zeit. In England sieht man auch keine Geister mehr. Tony Cornell, der Veteran der britischen Geisterbeschreiber, klagt über den Einbruch von sechzig bis achtzig gemeldeten Spukfällen pro Jahr auf null. Cornell kommentiert: "It is very strange" - und der Mann kann das ja wirklich beurteilen! Ein kurzer Rückblick auf das jüngste Schicksal ähnlich sommerlochrelevanter, angeblich ewiger Menschheitsrätsel und kryptozoologischer Dauerbrenner fällt kaum anders aus. Es ging Schlag auf Schlag: Der Yeti? Ein Bär. Kennedy? Oswald. Loch Ness? Voller Fische, U-Boote und Wasser, ansonsten leer. Die Cheops-Pyramiden? Die Fernsehnation war bei der Roboterbohrung live dabei und weiß seitdem: innen hohl. Auch von den bislang noch nie fotografierten, sagenumwobenen Riesenkraken der Tiefsee weiß man nach einem vierzehnseitigen Aufsatz im vorletzten "New Yorker": Sind manchmal zwölf Meter groß, aber ansonsten auch nur normalsterbliche Tintenfische. Wenn es Sommer wurde, früher, kam zuverlässig auch eine Meldung über ein entlaufenes Exotentier in den deutschen Wäldern, Auen und Baggerseen. Dann gab es eine tagelange muntere Suche, bis das Viech und damit die Nation in Sicherheit war. Dieses Jahr bot man uns nur einen flüchtigen Gorilla im Berliner Zoo, der nach seiner Gefangennahme von dem Boulevardblatt "B.Z." interviewt wurde, und einen entlaufenen schwarzen Panther an der Côte d´Azur, und den auch nur ein paar Tage lang, dann förderte der Großeinsatz der Gendarmen von St. Tropez eine der Beschreibung entsprechende "außergewöhnlich dicke" schwarze Hauskatze zutage.

Es ist daher nur verständlich, daß sich die letzten Rätselfans im Bereich der biblischen Archäologie tummeln, dort, wo keine DNS, kein Infrarot und nur selten eine Kohlenstoffanalyse hinreicht. Da ist man sich der Beständigkeit der Rätsel wenigstens sicher. Nun ist es ja nicht so, daß die Welt uns ganz geheuer wäre, im Gegenteil, und das genau ist das Problem: Die konkrete Furcht - vor Terroranschlägen, Erderwärmung, Nuklearterrorismus - hat die ebenso diffuse wie pervers lustvolle Angst des vergangenen Jahrhunderts abgelöst. Wie es dem Leser eines Krimis immer behaglicher wird, je härter es im Buch kommt, so konnte man in den abschreckungslogisch eingefrorenen Wohlstandsjahrzehnten zwischen Kriegsende und Mauerfall von apokryphen Gruselphänomenen nicht genug kriegen. Dieser Tage bietet schon die gute alte "Tagesschau" Enthauptungsvideos, Nagelbomben und Folterfotos. Irgendwie reicht das der gut informierten, dabei skeptisch-abgebrühten Zeitgenossenschaft, und wer mehr möchte, der tippt einmal bei Google und begibt sich in den Dschungel der Verschwörungstheorien. Die für Außerirdische verbleibende Neugier ist in Zeiten, in denen irdische Wesen wie Richard Perle und Michael Moore die Bildschirme ausfüllen, eher gering. Das mag auf Gegenseitigkeit beruhen: Womöglich möchten die Aliens aus dem All gar nicht mehr über die Erde erfahren, als sie in all den Jahren durch ihre Entführungen zahlloser unbescholtener amerikanischer Farmer aus dem Mittelwesten herausgefunden haben. Und umgekehrt erweist sich die Erde, je mehr wir darüber wissen, nicht mehr als der Planet, in den unbedingt alle Lebensformen des Weltalls einreisen möchten. Denn obwohl kaum noch jemand an Besuche durch Ufos glaubt, ist eine Mehrheit der Bundesbürger davon überzeugt, daß es intelligentes Leben im All gibt. Stephen Hawking stellt immer gern die Gegenfrage: Gibt es denn intelligentes Leben auf der Erde? Die Wissenschaft hat so viele irdische Rätsel gelöst, daß das Immigrationsmodell - Außerirdische kommen und möchten hier wohnen - unplausibel geworden ist. Obwohl schon alles bestens vorbereitet war: Eine Kommission von Ufologen hatte der amerikanischen Regierung empfohlen, ein gelandetes Raumschiff durch einen FBI-Agenten in einem Schutzanzug der höchsten Stufe begrüßen zu lassen, und zwar einen, der auch die Befugnis haben müßte, an Ort und Stelle ein förmliches Einreiseverfahren durchzuführen.

Aber soweit wird es nun nicht kommen, der umgekehrte Weg scheint heute plausibler. Bremer Wissenschaftler fanden gute Belege für die These, daß das irdische Leben von einem Meteoriten eingeschleppt wurde. Damit hätte Hoimar von Ditfurth mit seinem "Wir sind nicht nur von dieser Welt" postum recht bekommen. Und wäre es für diese Spezies nicht mal angebracht und an der Zeit, nachzuschauen, wie die Dinge in der alten Heimat so stehen? Erste Superreiche haben sich ihr privates Raumfahrzeug geleistet und schon mal eine Runde gedreht: Es sieht ganz so aus, als würde die Menschheit sich darauf vorbereiten, irgendwann alienartig über friedlichen anderen Planeten auftauchen, nachts im Nebel über leeren Landstraßen, und dann dort zu landen, wo sich die Nessies tummeln, wo der Yeti röhrt und die Sommerlöcher weit und tief sind.<

Und Ruckzuck übernahm auch Spiegel.Online den Beitrag unter http://www.spiegel.de/panorama/0,15... - ebenfalls dort mit dem falschen Namen von Werner Walter als "Walter Weber". Hmhmhm...

Externe Links

http://www.spiegel.de/panorama/0,1518,306081,00.html

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