. Zurück C E N A P

27.01.2001


    
UFO-Problem Skytracker: Zu viel Licht in der Nacht

Der Nachthimmel hängt voller Strahler

Skybeamer, Flutlichter, Laternen – und Ufos: Experten warnen vor den

Auswirkungen von zuviel künstlichem Licht in der Nacht.

BERLIN. Der Himmel über Berlin im Januar 2001: Auf dem Dach des Freizeit- und

Erholungszentrums (FEZ) richtet der Elektroinstallateur Steffen Janke sein

Teleskop aus. Der 36-Jährige ist Vorsitzender des Vereins «Sternenfreunde im

FEZ». Ein gutes Dutzend Hobbyastronomen trifft sich sich an zwei Abenden der

Woche im ehemaligen Jugendpalast „Ernst Thälmann“ im Ortsteil Wuhlheide.

Seit zwanzig Jahren suchen hier Amateurforscher am Nachthimmel nach

Unbekanntem in den «unendlichen Weiten».. Die meisten Kometen werden von

Freizeitastronomen aufgespürt und – das ist der Traum jedes von ihnen – nach

dem Entdecker benannt.

Doch seit einiger Zeit sind es sehr irdische Lichtquellen, die das

hochempfindliche Okular des Fernrohrs blenden. Scheinwerfer von mehreren

tausend Watt Leistung, so genannte «Skybeamer», durchschneiden die

Dunkelheit. Diskotheken und Großkinos versuchen mit grellen Effekten,

Publikum anzulocken. «Diese Flakscheinwerfer machen jedes Himmelsfoto

zunichte», klagt Steffen Janke.

Viel Licht und keine Sicht für die Strenwarten

Auch für professionelle Astronomen in Großstädten bleibt heute wenig zu tun.

Die spektakulären Deep Sky-Objekte sind so lichtschwach, dass sie vom

Großstadt-Geflimmer völlig überstrahlt werden. So müssen sich

Großstadt-Sternwarten heute mit den relativ unspektakulären Nahobjekten im

Asteroidengürtel begnügen, statt den spektakulären, aber weit entfernten

Objekten wie Quasaren oder Galaxien nachzujagen.

Verirrte Kraniche

Nicht nur Sternengucker werden so beeinträchtigt. Nachdem sich im hessischen

Kreis Friedberg ein Schwarm Kraniche im Lichtkegel eines Scheinwerfers

verfangen hatte und dort stundenlang herumirrte, setzte die Landesregierung

fest, dass im Frühjahr und Herbst keine Skybeamer eingesetzt werden dürfen.

Zwei Marburger Hobby-Astronomen, dem technischen Zeichner Winfried Kräling

und dem Lehrer Reiner Boulnois ging dies nicht weit genug. Sie sagten den

Skybeamern bundesweit dem Kampf an und gründeten 1997 den Verein «Dark Sky».

Hitzetod für Insekten

Kräling berichtet von einer Untersuchung durch das Umweltamt Dortmund im

April vergangenen Jahres: «Nach der Besichtigung eines Himmelsstrahlers vor

einer Diskothek in der Innenstadt wurde per Zählung festgestellt, dass in

einer Stunde etwa 1000 Nachtfalter und andere größere Fluginsekten – noch

nicht eingerechnet kleinere Insekten, durch Verbrennen zu Tode gekommen

sind.» Schon 1995 warnte die Staatliche Vogelschutzwarte in Frankfurt vor der

Gefährdung von nachtaktiven Vögeln, Eulen und Mauerseglern etwa, und

Säugetieren, hier vor allem Fledermäusen.

Gefahr für Kleinkinder: Auch Kleinkinder, in deren Schlafzimmer die Nachtbeleuchtung dringt, werden

offenbar in ihrer Entwicklung beeinträchtigt.. Das Deutsche Grüne Kreuz

verweist auf eine 1999 veröffentlichte Studie der Universität von

Pennsylvania. Eine Untersuchung von knapp 500 Patienten eines

Kinderkrankenhauses in Philadelphia ergab, dass bereits das Notlicht im

Krankenzimmer die frühkindliche Entwicklung stört. So wäre ein Drittel der

Kinder, die bis zum zweiten Lebensjahr dem Licht des Alarmmelders ausgesetzt

waren, später kurzsichtig geworden. Bei Heranwachsenden, die in vollkommener

Dunkelheit geschlafen hatten, sei die Kurzsichtigenrate nur bei zehn Prozent.

Den Zusammenhang Kurzsichtigkeit und Beleuchtung beim Schlafen erklärten die

amerikanischen Mediziner mit der Lichtdurchlässigkeit des Augenlids.

Tierversuche hätten gezeigt, dass der Augapfel lichtabhängig wachse.

Unbekannte Licht-Objekte

Die «Sternenfreunde» in der Berliner Wuhlheide sind schon länger Mitglieder

der Dark Sky-Initiative. Sie sorgen sich vor allem um die Erwachsenen.

«Sollten die Skybeamer verboten werden, würde die Zahl der Ufo-Meldungen

rapide sinken», glaubt Steffen Janke. Die «Ostfriesische Nachrichten»

vermeldeten am 3. Oktober 1997, dass eine Fahrradfahrerin in Aurich von einem

Flugobjekt verfolgt worden sei, das sich als hellblaues Rechteck im

«Zick-Zack-Kurs» über ihrem Kopf bewegt habe. Die Frau geriet in Panik,

radelte immer schneller und fiel schließlich in den Ems-Jade-Kanal. In einer

der folgenden Nächte stellte sich heraus, dass die neue Lichtanlage einer

Diskothek für die unheimliche Begegnung verantwortlich war.

Für das Web ediert von Leif Allendorf


Views: 1402