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31.10.2000


    
Die "Okkult-Ecke" von Gerald Hofmann

Heute: Zu Halloween (31. Oktober) das Thema: Vampire

Was ist ein "Vampir" überhaupt? Als Vampir wird ein Wesen bezeichnet, das anderen Lebewesen das Blut aussaugt. In Südamerika existiert eine Fledermausart, die den Namen "Vampirfledermaus" trägt und in der Nacht seinen Opfern (meist größeren Warmblütern wie Pferden oder Rindern) mit spitzen Zähnen kleine Wunden zufügt und dann das austretende Blut aufleckt. In der Gruselliteratur und im Glauben vieler Menschen ist ein "Vampir" ein auferstandener Toter, der den Lebenden das Blut aussaugt um so weiterleben zu können.

Warum ist der Begriff "Vampir" für uns so erschreckend? Der Glaube an "Vampire" ist ziemlich alt. In der mittelalterlichen Glaubenswelt hatten sogenannte "Wiedergänger", also Verstorbene, die plötzlich wieder auferstehen, einen festen Platz. Scheinbar glaubten selbst die Menschen in der Jungsteinzeit bereits an die Wiederkehr der Toten. In Dronninghoj, Deutschlands größtem Megalithgrab fand man den abgetrennten Schädel einer Leiche zwischen den Oberschenkeln. In den merowingischen Grabfeldern Lothringens und in Montferrand Skelette mit durchbohrten Schädeln. Größten Anteil am Vampirglauben des 19. Jahrhunderts hat allerdings der Roman des irischen Autors Bram Stoker, der 1897 den Roman "Dracula" veröffentlichte, einen der letzten wirklichen Schauerromane des ausgehenden viktorianischen Zeitalters.

Welche Motive hat der Roman "Dracula" umgesetzt oder beruht er gar auf Tatsachen? Stoker fand in London Papiere und Unterlagen über einen Vorfall, der sich im 18. Jahrhundert im Kaiserreich Österreich-Ungarn ereignet hatte. Dieser nahm seinen Anfang in Kisolova an der südlichen Donau und der damaligen Hysterie stand sogar die kaiserliche Verwaltung so hilflos gegenüber, dass Kaiserin Maria Theresia 1755 gezwungen war, mit dem sogenannten "Vampirerlass" den Massenexhumierungen und Totenschändungen Einhalt zu gebieten. Was war passiert? Am 21. Juli 1725 veröffentlichte das "Wiener Diarium" eine eigenartige Meldung: Neun Dorfbewohner von Kisolova hätten zu Protokoll gegeben, dass der Bauer Peter Plogojewitz zweieinhalb Monate nach seinem Tode sie im Schlaf gewürgt habe. Zudem habe die Ehefrau desselben ausgesagt, dass ihr Mann ihr nach seinem Tode erschienen wäre und seine Schuhe verlangt habe. Die Dorfbewohner bedrängten nun den kaiserlichen Provisor in Gradisca den Sarg zu öffnen. Diesem, der persönlich bei dieser Graböffnung anwesend war und einem hinzugezogenen Popen, bot sich ein schauerlicher Anblick: Der Leichnam erwies sich als nahezu unverwest. Haare, Bart und Nägel schienen im Sarg gewachsen zu sein und von den Lippen der Leiche tropfte frisches Blut. Nach den Motiven des alten Vampirglaubens wurde der Leichnam nun gepfählt und es spritzte dabei Blut aus den Ohren und den Mund des Leichnams. Der neue Vampirglaube war geboren. In Europa brach das Vampirfieber aus! Über die Offiziere des Wiener Hofkriegsrates verbreitete sich die Nachricht in Windeseile und in den Jahren 1730 bis 1735 soll von nichts anderem in Europa die Rede gewesen sein, als von den dämonischen Wiedergängern. Man fand weitere unverweste Leichen, durchbohrte deren Herz mit einem Holzpfahl und übergab den Leichnam dann den Fluten. Der Höhepunkt des Ganzen trug sich aber im Winter 1731/32 in Medvegya an der serbisch-ungarischen Grenze zu. Innerhalb von 3 Monaten starben dort 17 Menschen, ohne vorher ernsthaft erkrankt zu sein. Nun erinnerte man sich dort an den Heiducken (Bezeichnung der ungarischen Freischärler, die gegen die Türken kämpften) Arnod Paole, der zu Lebzeiten öfter geäußert haben soll, dass er bei Gossowa im damaligen Türkisch-Serbien von einem Vampir geplagt worden sei. Daraufhin habe er von der Erde des Vampir-Grabes gegessen und sich mit dessen Blut eingerieben um von der erlittenen Plage frei zu werden. Nach dem Tode des Heiducken habe man auf dessen Grab einen Lichtschein gesehen und ihn daraufhin nach 40 Tagen ausgegraben und den Leichnam vollkommen unverwest gefunden. Zu den Augen, der Nase und den Ohren sei ihm frisches Blut herausgelaufen und an Händen und Füßen seien ihm neue Nägel gewachsen. Beim anschließenden Pfählen habe er einen "wohlvernehmlichen Grächzer gethan", wie es in den Aufzeichnungen heißt. Daher ordnete der Oberst Botta dí Adorno vom kaiserlichen Oberkommando in Belgrad eine Untersuchung an. In Anwesenheit des Oberleutnants Büttener und des Fähnrichs von Lindenfels wurden "verdächtige" Gräber auf dem Friedhof geöffnet. Dabei waren von 13 exhumierten Leichen 10 unverwest und damit "im Vampyrstande". Nach der Visitation wurden den "Vampyren" von am Orte anwesenden Zigeunern die Köpfe abgeschlagen und diese zusammen mit den Körpern verbrannt und die Asche in den Fluss Morava gestreut. In der Folgezeit wurden Fachleute wie der Leibarzt der Kaiserin Maria Theresia, Gerhard van Swieten eingeschaltet. In deren Berichten, die heute noch im Wiener Hofkammerarchiv verwahrt werden, verbanden sich traditionelle Vorstellungen und alter Dämonen- und Jenseitsglaube mit modernen Vorstellungen und der Überzeugung, dass dies alles eine natürliche Ursache habe. 1756 nahm dann der transsilvanische Vampirspuk endgültig sein Ende. Eine "Untersuchungs-Commission der k.k. Administration" reiste in die Walachei, nach Siebenbürgen und in das Banat um die verängstigten Bauern zu beruhigen. Sobald es Abend wurde, ging niemand mehr auf die Strasse um keinem der Blutsauger in die Hände zu fallen, berichtete der Wundarzt Georg Tallar, der seit 1724 bereits an 4 ähnlichen Untersuchungen teilgenommen hatte. Und eben diesem gelang eine sehr wichtige Beobachtung: Nur diejenigen angeblich von Vampiren befallenen Kranken starben, die zum Schutz vor diesen "mit dem aufgefangene Blute" anderer "Untoter", die von den Dorfbewohner geköpft und gepfählt wurden, "sich geschmieret" hatten. Ohne es zu wissen hatte Tallar 126 Jahre vor der Entdeckung des Tuberkelbakteriums die Ursache des "Vampirismus" gefunden: Die vermeintlichen Vampiropfer waren tatsächlich an TBC, Milzbrand oder Rinderpest gestorben mit der sie sich durch das Blut der daran Erkrankten und Verstorbenen infiziert hatten...

Fortsetzung in Teil II


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