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23.10.2000


    
Spektrum der Wissenschaft und Außerirdische

Wo das P.M. versagte lieferte SdW einen wertvollen Übersichtsartikel ab!

Fast könnte man meinen, dass die unendlich oft debattierte Frage nach außerirdischen Intelligenzen inzwischen wieder neues Futter bekam. Auch wenn dem leider nicht so ist und das Fragezeichen immer noch mächtig dahinter steht, bietet die November-Ausgabe von "Spektrum der Wissenschaft" (soeben am Kiosk erschienen) trotzdem einen sehr ordentlichen und alles zusammenfassenden Report an, der die Faktenlage zusammenfasst. Wo das "P.M." eben keinen interessanten Magazinbeitrag mit der "Akte Alien" lieferte, wetzt SdW die Scharte wieder aus - und zeigt was Qualität ist. Schließlich ist SdW auch doppelt so teuer, aber kann dies dann eine Entschuldigung für "P.M." sein...?

Ian Crawford nimmt als Astronom am University College London sich dem Leitthema "Ist da draußen wer?" an. Auch wenn es nach Ansicht der modernen Astronomie und ihrer diversen Fachbereiche eigentlich in der heimatlichen Milchstrasse mit ihren 100 Milliarden Sternen von außerirdischen Zivilisationen nur so wimmeln sollte blieben die verschiedenen Suchen nach künstlichen Signalen bisher erfolglos - sind wir womöglich allein in dem Sternenmeer? Bisher wurde in einem Sektor 4000 Lichtjahre rund um die galaktische Position der Erde die Milchstrasse abgehorcht - und man fand keinerlei elektromagnetische Botschaft, die auf eine technische Zivilisation schließen läßt. Gut man findet immer mehr extrasolare Planeten um fremde Sterne, aber einen solchen Planeten der in einer Ökosphäre mit günstigen Voraussetzungen für die biologische und chemische Entwicklung von Leben steht fand man bisher auch noch nicht. Und für die Wissenschaft gibt es leider auch keinen Beleg dafür, dass jemals Außerirdische die Erde besucht haben. Crawford liebäugelt auch mit der Idee, dass die Menschheit vielleicht in weitem Umkreis die fortgeschrittenste Zivilisation ist und wir dazu berufen sein könnten, den Kosmos irgendwann zu besiedeln. Wir also gar nicht auf jene von da draussen warten brauchen, weil ´sie´ auf uns warten um bei ihnen UFO zu spielen.

Trotzdem die Suche nach extraterrestrischem Leben im SETI-Projekt steht erst am Anfang. Dies macht Hoffnung, da die bisherigen Messungen nur einen kleinen Teil des gesamten zu untersuchenden Raumes abdeckten. Aber bisher gab es von den vermuteten zigfachen kosmischen Zivilisationen keinerlei erkennbaren Existenzbeweis. Wie Andrew J.Lepage (Physiker) ausführte ist das Problem nun zu fragen, ob es im bereits erfassten Bereich der Milchstrasse nun keine Zivilisationen fremder Intelligenzen gibt oder ob diese nur noch nicht soweit sind um Funksignale selbst auszusenden? Darüber hinaus wäre denkbar, dass die technisierten Zivilisationen weiter weg sind und wir sie daher noch nicht "empfingen". Problematisch wäre es natürlich, wenn die Außerirdischen auf anderen Frequenzen sich tummeln oder nur sporatisch senden.

Wenn Tausende fortschrittliche Zivilisationen im Milchstrassensystem existieren, warum haben wir dann noch nichts von ihnen gehört? Diese Frage beschäftigt George W.Swenson Jr. als Professor Emeritus für Elektrotechnik und Astronomie von Illinois. Er analysiert dabei die rein technischen Probleme für die Radiowellen-Ausbreitung in unserer Galaxis, wobei er auf das elektromagnetische Rauschen beim Empfang von Wellen, die Empfindlichkeit des Empfängers, die Leistung des übertragenen Signals sowie die jeweilige Größe der Sende- und Empfangsantennen beachtet. Das Auffangen von Funkbotschaften ist nämlich nicht gerade zu vergleichen mit dem Einschalten Ihres Radios. Die Aliens müßen nämlich so laut ´reden´, dass wir sie aus dem kosmischen Umgebungslärm herausfiltern können. Die Stärke eines Funksignals nimmt proportional zum Quadrat der Entfernung ab. Es sind also neben ungeheuer großen Radio-Teleskopen für den Empfang von Botschaften auch mächtige "Radiosender" im Kosmos notwendig, die einen kaum vorstellbaren Energiebedarf mit sich bringen. Und was ist, wenn Aliens interstellaren Richtfunk betreiben und wir außerhalb ihrer Funkbrücken und Sendekeulen liegen? Egal, irgendwann müßen sie am Anfang eine isotrope Abstrahlung des Signals vorgenommen haben, also in alle Raumrichtungen mit gleicher Leistung. Doch die riesigen Entfernungen erfordern einen gigantischen Aufwand - vielleicht könnte der Mensch heute, wenn er all seine Energieerzeugung des Globus, auf einmal in ein galaktisches Signal stecken wollte, gerade eine Botschaft ausstrahlen, die auf der anderen Seite der Galaxis noch verständlich wäre. Von den Problemen des interstellaren Raums mit seinen Gaswolken, Staubpartikeln und quasistationären magnetischen Feldern sowie Phasenverschiebungen von Funkwellen mal noch nicht gesprochen. Schlußendlich lassen alle Überlegungen der Experten Radiowellen nicht gerade als geeignetes Medium für interstellare Kontakte erscheinen.

Trostlos wäre es schier, wenn die Menschheit ein einmaliges Zufallsprodukt wäre, aber dann hätten wir geradezu eine derart große Verantwortung dem Leben gegenüber, dass wir heutzutage sicherlich noch nicht imstande sind diese zu übernehmen. Dann könnten wir ewig suchen und warten... Andererseits sind wir heute immer noch genauso weit wie 1853 als William Whewell, ein berühmter Vorreiter der Debatte über außerirdisches Leben, sagte: "Die Diskussionen, an denen wir teilhaben, gehören zu dem äußeren Grenzbereich der Wissenschaft, dort wo das Wissen endet und die Unkenntnis beginnt." Trotz all der Fortschritte hat sich seit damals prinzipiell nichts geändert. Vielleicht müßen wir doch auf die allererste echte Fliegende Untertasse warten, wenn es für Funkbotschaften schlecht ausschaut? Aber vielleicht holen uns die Astronomen noch ein, wenn es ihnen einmal gelingen sollte einen extrasolaren Planeten zu entdecken, der aufgrund seines Spektralbereichs des von ihm abgestrahlten Lichts die Alien-Biologie freigibt? Carl Sagan sagte einmal: "Die Zutaten des Lebens liegen im All nur so herum."

Der Jackpot ist also noch nicht geknackt.


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