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31.01.2000


    
Wegen Däniken und Buttlar:

Werner Walter interviewt Markus Pössel

1) Herr Pössel, plötzlich tauchen Sie auf dem Buchmarkt auf und stellen Ihr Buch "Phantastische Wissenschaft: Über Erich von Däniken und Johannes von Buttlar" vor? Ja, denken Sie, dass diese Bestseller-Autoren wirklich noch dem Publikum vorgestellt werden müßen? Denken Sie nicht, das es Huldigungen jener Herren schon genug gibt?

Bücher, die "auf derselben Schiene fahren" wie Däniken und Buttlar gibt es wirklich eine ganze Menge. Bücher, in denen die Thesen solcher Autoren auf den Prüfstand gestellt und sorgfältig auf Herz und Nieren überprüft werden, kenne ich dagegen nur ganz wenige - da ist eins mehr sicherlich nicht zuviel.

2) Bisher [hat man] von Ihnen in der grenzwissenschaftlichen Anomalistik-Szene [noch] nie etwas gehört, wie kamen Sie nun dazu sich mit nicht nur der phantastischen Wissenschaft, sondern noch viel eher mit der wissenschaftlichen Phantastik zu beschäftigen? Hat das etwas mit Ihrem Beruf als Physiker zu tun?

Mein erster Kontakt mit der phantastischen Wissenschaft (oder wie immer Sie es nennen wollen) bestand darin, daß ich vor längerer Zeit - ich mag fünfzehn oder sechzehn Jahre alt gewesen sein - das erste Mal ein Buch von Johannes von Buttlar in die Finger bekam, etwas später das erste Mal eines von Däniken. Zu jener Zeit war ich ein eifriger Leser von Sachbüchern jeglicher Thematik - von meinen Eltern stetig mit Nachschub aus der öffentlichen Bücherhalle versorgt.

Vieles, was Buttlar und Däniken schrieben, schien so gar nicht zu dem zu passen, was ich in anderen Sachbüchern etwa über Archäologie, Biologie und Physik gelesen hatte. Also begann ich, nachzuforschen und mir sowohl Dänikens und Buttlars Thesen als auch das, was die "herkömmlichen" Wissenschaften zu sagen hatten, genauer anzuschauen. Im Laufe der Zeit ging ich dann von der Sachbuch- zur Fachliteratur über, merkte, daß es durchaus skeptische Literatur etwa zu Dänikens Behauptungen oder zum UFO-Phänomen gibt, begann, meine Ergebnisse schriftlich festzuhalten - zunächst vor allem als Mittel, den Überblick zu behalten -, konnte Kontakte zu einigen hilfsbereiten Fachleuten knüpfen, später kam das Internet als äußerst nützliches Recherchewerkzeug hinzu - und aus meinen Aufzeichnungen entwickelte sich nach und nach das Manuskript zu "Phantastische Wissenschaft".

Mit meinem Interesse an der Physik hatte das alles eher indirekt zu tun. Zum einen waren es gerade Buttlars Schilderungen physikalischer Theorien und Sachverhalte, die damals meine Skepsis geweckt haben. Zum anderen denke ich, daß hinter meinem Interesse an der Physik und an grenzwissenschaftlichen Themen sicherlich die gleiche Neugier steht, der gleiche Spaß daran, den Dingen auf den Grund zu gehen.

3) Wie heißt es in der Werbung für ein deutsches Montags-Nachrichtenmagazin immer so schön: "Fakten, Fakten, Fakten - und an den Leser denken"? Was waren ihre Beweggründe in das von den Herren Däniken und Buttlar beackerte Feld der phantastischen Spekulationen vorzustoßen und hier neue "Fakten, Fakten, Fakten" zu liefern?

Wie es anfing, habe ich gerade erzählt - wieso mich die Auseinandersetzung mit solchen unorthodoxen Thesen so faszinierte, daß daraus jahrelange Recherchen und letztendlich ein Buch wurden, kann man eher auf die Formel "Hintergründe, Hintergründe, Hintergründe" als "Fakten, Fakten, Fakten" bringen.

Wissen Sie, auf welche Weise es am meisten Spaß macht, sich ein neues Wissensgebiet anzueignen? Wenn man einen roten Faden hat, einer konkreten Frage nachgeht, die einen dann in der Regel auch auf weniger ausgetretene Pfade führt als jene, die die systematische Lehrbuchliteratur vorzeichnet. Genau das ist mir mit den Thesen von Buttlar und Däniken passiert. Was war denn nun mit den Glühbirnen der alten Ägypter, die mir Däniken präsentierte? Um das zu beantworten, mußte ich mir anschauen, wie so ein Tempel der Ptolemäerzeit aufgebaut ist, wie die Ägyptologen die entsprechenden ägyptischen Symbole interpretieren - und die dahinterstehenden religiösen Vorstellungen der Ägypter -, wie man sich überhaupt so einen ägyptischenTempelbetrieb vorstellen muß - und jedesmal fand ich mich mitten in einem hochinteressanten Teilgebiet der Ägyptologie wieder. Ähnlich ging es mir mit Buttlars Beschreibungen von UFO-Sichtungen und der Psychologie von Augenzeugenbeobachtungen, oder mit Behauptungen der amerikanischen Kreationisten und der Evolutionsbiologie. Die Hintergrundinformationen, die ich auf solchen Streifzügen entdeckte, erwiesen sich regelmäßig als viel interessanter als die ursprüngliche sensationelle Behauptung, deretwegen ich meine Recherche begonnen hatte, und es wird Sie folglich nicht überraschen, daß ich den diversen Hintergrundinformationen, mit deren Hilfe man Behauptungen, wie sie bei Däniken oder Buttlar vorkommen, erst richtig einschätzen kann, in meinem Buch breiten Raum eingeräumt habe. Im wesentlichen war es dieser Effekt - bei den Nachforschungen immer wieder auf Interessantes zu stoßen -, der mein Interesse aufrecht erhalten hat und noch erhält.

4) Nun wissen Sie sicherlich, dass die Freunde des Fantastischen ein ganz besonderer "Verein" sind, die eben auch mit romantischen Gefühlen und einem gewißen Schuß Weltfremdheit ihren (Aber-)Glauben zelebrieren. Verderben Sie diesen Menschen nicht den Spaß an ihren schweifenden Träumen, wenn Sie einige wichtige Argumente der Popular-Autoren in der Luft zerreißen?

Ob das auf "die Freunde des Fantastischen" in voller Allgemeinheit zutrifft, bezweifle ich. Ich denke, es gibt genügend Menschen, die das, was Däniken und Buttlar schreiben, zwar interessant und plausibel finden, aber durchaus nicht "Däniken-gläubig" oder "UFO-gläubig", sondern bereit sind, sich auch Gegenargumente anzuhören. Insbesondere, wenn diese Gegenargumente unaufgeregt und sachlich vorgetragen werden - und nicht so dramatisch, wie ich es mit "in der Luft zerreissen" verbinden würde. Was die unbeirrbar Gläubigen angeht, die Sie ansprechen: Solche Menschen sollte mein Buch herzlich wenig kümmern. Aber das macht nichts: Für die habe ich es schliesslich auch nicht geschrieben.

5) Haben Sie die Hoffnung und überhaupt den Wunsch, dass die von Ihnen "bearbeiteten" Herren Bestseller-Autoren nun auf Sie zugehen werden, um sich mit Ihnen auseinanderzusetzen und Revisionen ihrer einstigen nun als Fehlschüsse belegten Spekulationen vornehmen?

Das lasse ich auf mich zukommen. Von Däniken angesprochen zu werden, könnte ich mir durchaus vorstellen - und daß sich ein bißchen von meiner Kritik in zukünftigen Däniken-Büchern niederschlägt, würde ich auch nicht von vornherein ausschließen wollen. Schließlich hat Däniken in einigen Fällen - etwa, was den "Eisernen Mann" von Bonn oder den Pfeiler von Delhi angeht - durchaus schon Irrtümer zugegeben. Wie Buttlar reagieren wird, kann ich dagegen überhaupt nicht einschätzen.

Vielen Dank für Ihre bemerkenswerten Ausführungen.


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