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30.01.2000


    
Der UFO-Baron: Was Pössel über in feststellt

Ein Mann der aus der Zukunft kommt

Nachdem besagter Johannes Busacker nun zum Herrn Freiherr von Buttlar (auch der "UFO-Baron" genannt) wurde, trat er alsbald in Rainer Holbe´s RTL-TV-Reihe Unglaubliche Geschichten auf und wurde hier untertitelt mit dem ungeschützten Berufsbegriff "Astrophysiker" vorgestellt, was alsbald auch der Sensationspresse gefiel. Inzwischen taucht der "Astrophysiker" nicht mehr untertitelt auf, dafür aber fand der interessierte Betrachter der Szene alsbald einen "Dr."-Grad vor dem Johannes von Buttlar, besonders wenn es darum ging, ihn in den sogenannten "neuen Bundesländern" vorzustellen, die ja noch Freiraum für Markteroberung boten. Doch dabei hat es sicherlich gewiße Probleme gegeben, jedenfalls tauchte der "Dr." (wie auf den Klappentexten von "Adams Planet" und "Buttlars Report") auf der Visitenkarte nicht mehr auf. Ja, da muß es wohl stimmen, was Eberhard Schneider einmal erlebte, als er vom UFO-Baron eine Autogrammkarte mit folgendem Werbetext einheimste: "Johannes von Buttlar beginnt dort, wo ein Science-fiction-Autor von der Wirklichkeit eingeholt wird und ein Wissenschaftler nicht die richtigen Worte findet." Kein Wunder, nimmt er sich doch all den Themen an, die "im Rahmen der herkömmlichen Wissenschaft unterklärliche Phänomene" darstellen. Während z.B. Erich von Däniken offen zugibt, ein Wissenschaftsamateur und "Sonntagsforscher" zu sein, erwecken Buttlars öffentliche Auftritte oft den Eindruck, er sei professioneller Wissenschaftler. Als solcher erscheint er in Zeitungs- und Zeitschriftenartikeln, bei Talkshows, in der Verlagswerbung, auf UFO- und Esoterikmessen, an der Seite von Teilnehmern an Magazin 2000-Leserreisen und nicht zuletzt in den Büchern, in denen er Rätsel der Welt und erstaunliche Erkenntnisse der Wissenschaft vom fernen Kosmos erklärt.

Details kann man aus biographischen Notizen wie den Klappentexten seiner Bücher erfahren: Dort heiß es, Buttlar habe, nach seinem Studium der Psychologie und Philosophie in Australien, an mehreren geologischen Expeditionen teilgenommen und sei dann Mitglied einer militärischen Spezialeinheit gewesen, bevor er seine Studien in England in den Fächern Astronomie, Physik und Mathematik fortgeführt habe. 1969 sei er zum Fellow der Royal Astronomical Society `berufen` worden und habe danach am Institute for Scientific Information (ISI, einem "internationalen wissenschaftlichen Informationszentrum") gearbeitet, was er gerne mit "Geheimdienstarbeit" umschreibt. Später sei er dort zum "Leiter der zentraleuropäischen Abteilung" aufgestiegen. Sie sehen, dies ist auf den ersten Blick schon eine mehr als erstaunliche Karriere. Bei genauerem Hinsehen sind die Qualifikationen des Herrn Freiherr weniger eindrucksvoll. Der Physiker Markus Pössel brachte im Februar 2000 bei rororo das Buch "Phantastische Wissenschaft: Über Erich von Däniken und Johannes von Buttlar" heraus, dort finden wir bemerkenswerte Informationen: "Der Erwerb eines Doktortitels findet meist zu Beginn der Karriere eines Wissenschaftlers statt - für den Rest seines Lebens darf er seinen Namen diesen Titel voranstellen. Schon hier müßte ein regelmäßiger Leser Buttlars stutzig werden, taucht dessen Titel doch erst spät, Anfang der neunziger Jahre auf, um nur kurze Zeit später wieder von den Klappentexten seiner Bücher zu verschwinden. Dieses Phänomen läßt sich damit erklären, dass es sich hier nicht um einen herkömmlichen Doktortitel handelt. In Deutschland macht sich strafbar, wer `unbefugt...inländische oder ausländische...akademische Grade, Titel oder öffentliche Würden führt`; ein entsprechendes Gerichtsverfahren gegen Buttlar wurde 1992 eingestellt, nachdem er sich verpflichtet hatte, seinen `Doktortitel` nicht mehr zu führen. Als Spiegel-Reporter die Kundendatei des 1996 verstorbenen Titelhändlers Hans Herbert Hain in die Hände fiel, fanden sie dort...einen Eintrag, der für den 7.November 1990 Buttlars Zahlung von 9490 Mark für einen Titel `Dr.rer.nat.` der `University of Prague` festhält. Ergänzend erfahren wir aus einem Interview Anfang 1998 im Zeitmagazin Buttlars Sicht der Dinge: Die `Exiluniversität Prag` habe wegen der Doktorarbeit bei ihm angefragt, er habe eine Arbeit eingereicht und folgsam die geforderten 9000 Mark für `administrative Unterstützung` bezahlt - als die Urkunde kam, sei er allerdings gleich zum Anwalt gelaufen, und das Ganze hätte sich als Schwindelunternehmen herausgestellt. Auf Klappentexten und in Zeitschriftenartikeln muß der Doktortitel versehentlich aufgetaucht sein, jedenfalls versichert Buttlar in diesem Interview, er habe den Titel nie geführt."

Pössel hat aber weitere Infos von Interesse zur Bewertung der Person des UFO-Barons: "Im selben Interview finden sich auch Informationen, die Buttlars Studien relativieren: Er sei zwar 1961 an der Universität Queensland eingeschrieben gewesen, habe aber eines Zeckenbisses wegen sein Studium dort nicht abschließen können. In England sei er am Ealing Technical College, später an der Universitäts von Leeds, lediglich Gasthöhrer gewesen, und auch dort sei `keine Zeit für akademische Abschlüsse` geblieben. Dem wäre hinzuzufügen, dass die University of Queensland in ihren Unterklagen keine Hinweise darauf fand, dass Buttlar dort jemals eingeschrieben gewesen wäre. Das Ealing Technical College...würde in Deutschland wohl als Fachhochschule bezeichnet werden. Inwiefern es zur Ausbildung des `Astrophysikers` Buttlar beigetragen haben kann, sei dahingestellt - es bot zwar Kurse in diversen angewandten Fächern wie Modedesign, Marketing und Buchhaltung an, nicht aber in Physik, Astronomie oder Mathematik (geschweige denn Abschlüsse in diesen Fächern). Um Buttlars Wahl zum Fellow der Royal Astronomical Society richtig einzuschätzen, muß man wissen, dass diese nicht so strikte Zulassungsbeschränkungen hat wie die berühmtere Royal Society, deren Fellows aufgrund herausragender wissenschaftlicher Leistungen ausgewählt werden. Eine `Fellow`-Mitgliedschaft steht beispielsweise auch Studenten offen. Die praktischen Verpflichtungen eines Mitglieds bestehen im wesentlichen darin, den jährlichen Mitgliedsbeitrag zu zahlen (umgerechnet rund 100 Mark). Wegen entsprechender Versäumnisse verlor Buttlar 1989 seine Mitgliedschaft und ist darum `sicherlich nicht berechtigt, den Namen der Society in irgendeiner Weise zu verwenden`, so deren Ex-Sekretär Professor Andrew King."

Wie man sieht bleibt da nicht mehr viel, aber Pössel hat noch einiges auf der Pfanne: "Buttlars Arbeit am Insitute for Scientific Information (ISI) in einem Atemzug mit seinen Studien zu nennen, gerade so, als sei er dort wissenschaftlich tätig gewesen, ist einigermaßen irreführend. Das ISI ist eine in Philadelphia ansässige Privatfirma, deren Haupttäigkeit darin besteht, den Science Citation Index (SCI) herauszugeben - eine Übersicht, in der die wichtigsten (natur)wissenschaftlichen Fachartikel eines Jahres und alle darin zitierten Veröffentlichungen aufgeführt sind, nach Stichworten und Autoren geordnet. Laut Auskunft seiner damaligen Arbeitgeber und Vorgesetzten arbeitete Buttlar dort als Vertreter, dessen Aufgabe unter anderem darin bestand, Bibliothekaren den Science Citation Index vorzuführen und, wenn möglich, zu verkaufen. Dieser Vertreterposten habe nichts mit dem `Sammeln naturwissenschaftlicher Daten` zu tun gehabt - die einzige Tätigkeit im ISI, die man im weitesten Sinne so beschreiben könne, sei die Auswertung der Fachzeitschriften für den Science Citation Index. Diese Arbeit, ein einfaches Zuordnen von Stichworten, werde zumeist als Ferienjob an Studenten vergeben. Rechtlich gesehen kann sich jeder `Astrophysiker` nennen, da der Begriff nicht geschützt ist. Davon abgesehen sollte man erwarten, dass jemand, der sich so bezeichnet, aktiv an Forschungen im Bereich der Astrophysik teilnimmt oder zumindest teilgenommen hat. Die Ergebnisse ihrer Arbeit veröffentlichen Astrophysiker im wesentlichen in Fachzeitschriften [aber nicht jenen wie dem Magazin 2000]. Ich konnte in den entsprechenden Fachbibliographien (unter anderen dem erwähnten Science Citation Index) keinen Hinweis fin den, dass Buttlar jemals einen solchen Fachartikel veröffentlicht hätte. ... So aufschlußreich diese biographischen Hintergrundinformationen sein mögen - um ihn als Sachbuchautor richtig einschätzen zu können, kommt man nicht umhin, sich anzuschauen, was er schreibt und wie zuverlässig das ist, was er seinen Lesern präsentiert."

So zerpflügt Pössel erst einmal den berühmtesten aller Bermuda-Dreieckfälle, den des Flight 19 vom 5.Dezember 1945 mit einer Staffel Avenger-Bomber. Danach greift er im UFO-Kapitel den berühmten Sichtungsfall von Jimmy Carter auf, um die UFO-Debatte auf der wahrnehmungspsychologischen Seite abzuhandeln. Und schließlich geht es um das Thema "Buttlar und die Physik": Von einem Physiker sollte man erwarten können, dass seine Texte dort, wo es um sein Fach geht, ein tieferes Verständnis der behandelten Themen erkennen lassen." Doch das Spektrum an Reaktionen von Pössels Kollegen am Albert-Einstein-Institut und beim MPI für Gravitationsphysik ist gänzlich anders, als Buttlar sie vom Boulevard her kennt: Von Gelächter bis zu ungläubigen Stauen ist da alles drin und man wundert sich in der Fachwelt "dass jemand trotz so offensichtlicher Wissenslücken zu physikalischen Fragen Stellung nimmt".

Wie Sie sehen, lohnt sich durchaus die Anschaffung dieses bemerkenswertes Buches.


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