. Zurück C E N A P

21.12.1999

    
Seltenheitswert: Ein Tag, zwei UFO-Meldungen!

Das UFO von Norddeutschland, Nordeuropa und News zu einem Fall aus Kolumbien

Am Dienstag, den 21.Dezember 1999, wurde die Geschichte dann auf der neuen Pro7-Videotextseite + Kosmos ++ Menschen ++ Phänomene + aufgegriffen: "Aufregung im Norden: UFO, Meteor oder Raketentrümmer?" Gleichsam die ARD auf Videotextseite 157: "Mysteriöser Lichtschein am Himmel." Inzwischen erhielt ich nach einer verfaxten Pressemitteilung von der Redaktion RTL Nord zwei Telefonnummer von Zeugen, die der Sender für sein Programm interviewt hatte. Sofort wurden diese an Sascha Schomacker in Bremerhaven weitergereicht. RTL berichtete in der Magazinsendung "Punkt 12" ebenfalls mit Vorankündigung auf Videoprogrammseite 321 von dem Ereignis: "Feuerball am Himmel! UFO oder Meteorit? Tausende Deutsche rätseln über mysteriöse Lichtkugel." Die Moderatorin versprach sich und erwähnte, dass die Menschen in Norddeutschland 20 Minuten lang gespannt das helle unbekannte Phänomen beobachtet hatten. Gleiches geschah auch in Skandanavien und überall riefen besorgte Bürger die Polizei an. Der Vorspann zeigte einen offenbar aus dem fahrenden PKW heraus aufgenommene mächten "kometenartigen" Schweif hinter Bäumen und Stromleitungen am Tage (?). Das schien ja interessant zu werden. Helmut Treder erscheint als Augenzeuge auf der Mattscheibe: "Gegen 20:14 h sah ich einen hellen Punkt in nordwestlicher Richtung und dachte an ein Flugzeug, aber Flugzeuge blinken in der Regel. Dann wurde dieser immer größer, immer größer und ich sah dann auch einen Feuerschweif hinten dran und wie da richtiggehend Gesteinsbrocken abbrechen." Auch diese Aussage klang sehr nach einer flachen Bahnbewegung, wenn schon der Vergleich mit einem Flugzeug getroffen wurde; Sternschnuppen dagegen haben meist einen spitzen Einsturzwinkel am Himmel, auch wenn es natürlich Boliden gibt die relativ falch hereinkommen. Man blendet eine Übersichtskarte ein, worauf ein Feuerball angedeutet ist der, der scheinbar über Norwegen, Schweden, Dänemark und Norddeutschland erschien und damit eigentlich fast ganz Nordeuropa erfasste. Schönes Archiv-Filmmaterial des sogenanten Catskill-Boliden wurde zur Illustration nachgeschnitten und der Pressesprecher des Hamburger Flughafen machte sein bereits bekanntes Statement. Hier verglich man übrigens die Erscheinung sofort mit dem "Niedersachsen-Boliden" vom vorausgehenden 8.November-Morgen. Björn Voss vom Planetarium Kiel nannte die aktuelle Erscheinung "vermutlich eine Sternschnuppe, ein kleines Steinchen aus dem Weltraum". Knöfel berichtete mir derweilen, dass es ihn verwunderte, ob das gesehene Teil tatsächlich nur ein Bolide gewesen sein soll, weil die betroffene Sichtungszone dafür einfach zu groß war und die Erscheinung sogar bis zu 50 Sekunden lang gesehen worden sein mag. Deswegen tippte er soweit mal auf einen Wiedereintrittskörper, hier müße man also noch abwarten.

Wieder tauchte das alte Dilemma auf: War´s nun ein Bolide oder ein Re-Entry? Und der "Aufreißer"-Film aus der RTL "Punkt 12"-Ankündigung war auch nicht weiter gezeigt worden. Ich setzte sofort auf die CENAP-eMail-Liste eine Vorwarnung über etwaige weitere TV-Beiträge in dieser Sache am laufenden Tage. Tatsächlich brachte Pro7 in "s.a.m." einen UFO-Beitrag in den Kurzmeldungen, aber nicht zu dem uns hier beschäftigenden Vorfall, sondern über den bereits bei RTL kurz gezeigten Film von dem "kometenartigen" Schweif! Wir hatten die einmalige Situation vor uns, an einem Tag gleich zwei UFO-Meldungen aufgetischt zu bekommen. Der stammte von einem Kamerateam des kolumbianischen Fernsehens und wurde über Bogota aufgenommen, nachdem dort Meldungen über ein UFO einliefen. Auf Radar wurde ein UFO jedoch nicht festgestellt, weswegen Experten die Aufnahme angeblich für "Trickspielereien ufobesessener Kameramänner" halten sollen. Doch das jetzt etwas besser gezeigte Filmmaterial läßt ziemlich stark an den dicken Kondensstreifen eines Flugzeugs erinnern, der von der untergehenden Sonne stark aufgehellt am noch hellen Himmel erscheint. Der Astronom William Cepeda wollte nicht in Anbetracht des Films von einem UFO sprechen, "da es zu sehr vielen Fehlinterpretationen führt und die Leute damit immer nur Außerirdische verbinden, ich spreche da lieber von einem Phänomen in der Atmosphäre".

Hierzu erhielten wir Dank André Knöfel parallel eine Nachricht von Robert H.McNaught (Leiter des australischen Feuerball-Überwachungsnetzes) zugestellt, die mehr Erhellung brachte. Hiernach war genau dieser Film auch in den Channel 10-News an diesem Tag gezeigt worden, hier aber hieß es, dass die "Experten total verblüfft" seien. Die dortigen Kommentare waren, dass die aufgenommene Erscheinung "sich deutlich bewegte und sehr heiß gewesen sein muß, wenn sie derartigen Dampf abläßt". Für McNaught war das Ding "deutlich ein Flugzeug-Kondensstreifen im Dämmerlicht". Ihn will es nicht wundern, wenn man die Luftraumüberwachung nach einem UFO fragte und man dort keines zu melden wußte, weil es keines war, sondern ein "sicherlich gemeldetes Flugzeug". Dies erinnert uns stark an die Meldungen von Anfang Dezember aus Schanghai und Peking, wo eigentlich genau die selben Kondensstreifen-Phänomene in der aufziehenden abendlichen Dämmerung zu UFO-Alarm führten. Dies dürfte auch der Grund gewesen sein, weswegen plötzlich die Leute in Bogota durchdrehten.

Zurück zu unserem eigentlichen Fall. Über die EuroUFOList meldete sich kurz nach 14 h Vicente-Juan Ballester Olmos von der "Spanish Anomaly Foundation" und verwies darauf, dass das US SpaceCom unter Registriernummer 19991220 tatsächlich die Raketenstufe einer US Titan 2 aus Vandenberg, die am 20.Juni Tag gestartet war, als Re-Entry zurückerwartete. Alan Pickup, Astronom an der Universität von Edingburgh (Schottland), hatte inzwischen die Situation als "Decay Watcher" für uns geprüft und stellte fest, dass die genannte Raketenstufe tatsächlich gegen 18:10 h UT Norwegen (= 20:10 h CET Dänemark/Deutschland) über dem Meer aus Norden kommend vor Norwegen eintrat und dann gegen Stockholm, Schweden, und weiter über Dänemark nach Deutschland südlich ziehend verglühte. Bjoern Gimle aus Schweden berichtete zeitgleich, dass das Phänomen in der vorausgehenden Nacht tatsächlich im westlichen Teil Schwedens für Aufregung gesorgt hatte, als es dort z.B. aus Gothenburg gesehen wurde, wie es in flacher Bahn hin für 15 bis 20 Sekunden in Richtung Dänemark zog. Leute in Skövde, die den Durchgang beobachteten, hatten dabei den Eindruck, als würde "es in Dänemark niedergehen". Die schwedische Zeitung DN berichtete an diesem Dienstag dazu, dass das Phänomen auch von Östersund aus gesehen worden war und man in Uppsala sogar "eine Art Rauchschweif" gesehen haben will, der sich ein paar Minuten lang am Himmel hielt. Doch sonst sah niemand diesen verbleibenden und sich dann auflösenden Schweif. Wie auch immer, auch die DN meldete bereits, dass das Phänomen auf den Re-Entry einer Titan-Raketenstufe zurückging.

Im deutschen Fernsehen dagegen wußte man nicht so recht weiter. Im ZDF berichtete "Hallo Deutschland" vom Vorfall "Ein unerklärliches Phänomen sorgt für Aufregung" und ließ "wie bei immer bei solchen Fällen verwunderte Augenzeugen" zu Worte kommen. Susanne Kühl war mit ihrem Mann beim abendlichen Spaziergang: "Mir fiel auf das es in so einer Umlaufbahn blieb, es sackte nicht ab und verblasste auch nicht. Es sah kometenartig aus." Ulrich Uffrecht ist ein weiterer Zeuge: "Es zog eine orangefarbene Lichtspur hinter sich her, sodass ich den Eindruck hatte, da oben verglüht irgendein Gegenstand, womöglich ein Satellit. Ich sah abspringende Teile, die für eine zusätzliche Lichterscheinung sorgten." Auch bei Radio Schleswig-Holstein liefen die Drähte heiß - hunderte Radiohörer meldeten ein unerklärliches Phänomen. Es wird der O-Ton eines Berichterstatters eingespielt, der an eine Signalrakete dachte, die "auf mich zukam, groß wie ein Tennisball und in Flammen gehüllt". Inzwischen hatte auch Björn Voss vom Planetarium Kiel mit einigen Augenzeugen gesprochen und mußte seine Erklärung revidieren. Während er bei RTL´s "Punkt 12" noch von einer "Sternschnuppe" gesprochen hatte, stand er nun für einen Re-Entry-Körper ein. Sat1 blieb in einer Kurzmeldung in "17:30" bei einer Sternschnuppe. Die Kabel1-News griffen den Fall von Bogota auf und nannte die Aufnahme "ein abgestoßenes Raketenteil". N3-Dass! machte ebenso ein Kurzmeldung zum norddeutschen Fall und nannte ihn gar einen Kometen. RTL-Aktuell brachte den Fall wieder mit dem bildhaften Beispiel des Catskill-Boliden ins Programm und nannte als "wahrscheinlichste Lösung ein Teil zurückkehrender Weltraumschrott, weil es keinen Krater wie bei einem Meteoritenschlag gegeben" hatte (gezeigt wird der berühmte Arizona-Krater!), "es war also nur eine Sternschnuppe", wobei weiterhin dramatisches Einschlags-Filmmaterials aus dem Kinofilm "Deep Impact" eingespielt wurde (was völlig unnötig war). Hier haben die verantwortlichen Redakteure wildes (unpassendes) Bildmaterial zusammengestellt, was etwas zu kosten der inhaltlichen Sachlichkeit ging.

Wer den Beitrag auf RTL von "Guten Abend, Deutschland" um 18:00 Uhr sehen will, der kann sich ihn unter

http://www.GutenAbendRTL.de/index.h...

anschauen.

Externe Links

http://www.GutenAbendRTL.de/index.html?5319.html

Views: 1101