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01.03.2000


    
Ein Akt des ufologischen Verbraucherschutzes

Warnung vor neuer UFO-Bilderbibel mit einer versteckten Wahrheit

Es ist gelegentlich kaum zu glauben, was der ufologische Nischenmarkt geboten bekommt. Im Februar 2000 erschien nun beim Frankfurter Verlag GOLIATH das Zwergen-TB "UFO - Richard Brunswick Photocollection" mit 300 Fotos unter ISBN 3-9805876-3-0 zum Ladenpreis von DM 39,80. Angepriesen als "die ultimative Bilderbibel für jeden UFO-Fan, das große Staunen für alle Zweifler, die sensationellste und umfangreichste Fotodokumentation des UFO-Jahrhunderts" mit "über 300 erstmals publiuzierten Aufnahmen von UFOs, Schauplätzen, Kontaktpersonen, Indizien" fühlte ich mich total verarscht und das große Staunen kam mir auch nur über die Frechheit des Autors, der hier seinen Verlag offenbar über den Tisch gezogen hat (wenn das ganze nicht selbst ein ironischer Beitrag mit Wissen der Herausgeber ist um das Geschäft zur Faschingszeit anzukurbeln). Was mir gleich auffiel ist die am Buchende angesetzte Danksagung an offenbar Fotografen, die hier ihre Untertassen-Bilder beisteuerten - keiner dieser Personen ist jemals in der bunten Welt der UFOlogie aufgetreten (wo wirklich sehr viel kursiert) und scheinen mir deswegen erfunden zu sein.

Wie der Pressetext ausweist ist Richard Brunswick, der nahe Fort Worth in Texas aufgewachsen ist und dann auf Weltreise ging, einer von jenen Menschen, die glauben mit außerirdischen Lebewesen in Kontakt zu stehen. Brunswick selbst ist nicht nur ein netter Menschen, sondern auch humorvoll und skurril. Seit Kindheitsbeinen an wurde er von den Aliens geholt und reiste mit ihnen durchs All, noch heute hat er Kontakt mit den Aliens die mitten unter uns leben. Heute lebt Brunswick in Kalifornien und hat angeblich ein "normales erfolgreiches Leben" geführt, abgesehen von seiner "Obsession" (Besessenheit) Fotos und Filme über UFOs zu sammeln. Diese Sammlung von Fliegenden Untertassen-Bildern stellt er hier vor, auch wenn er meint das "manche" der Fotos Fälschungen sind, während doch die "meisten authentisch sind". Die Auswahl für das Fotobuch, welches seinen Text in gleich fünf Sprachen abfasst, wurde nach zwei Gesichtspunkten getroffen: 1) Fotos, die bisher noch nie oder nur selten veröffentlicht wurden und 2) wegen ihrer Schönheit und Imposanz. Dort, wo auch Zeugenberichte vorhanden sind, stellen sie sich schnell als die "skurrilsten" ihrer Art heraus. Sie hätten wohl ihren Platz in der US-Lügenzeitung "Weekly World News" gehabt oder verdient sich in "Neue Spezial" wiederzufinden, wenn es sie noch gäbe, ansonsten dürfte die deutsche "Coupé"-Leserschaft die Idealzielgruppe sein. Ich glaube, noch nicht einmal Wendelle C.Stevens und Michael Hesemann würden sich für diesen Unfug hergeben. Andererseits sind darunter so bizarre "Menschen-Verstümmelungsfälle", dass sie vielleicht mal hei Hartwig Hausdorf Zugang finden könnten.

Für die Presse wird extra eine CD-Rom ausgegeben, wo es Beispielsfälle drauf hat, die Charled Fort zur Ehre gereichten. Schnallen Sie sich an, wenn Sie folgendes "Fall-Muster" erfahren:

Kinshasa/Zaire: Der blinde Patrick Guambe war Helfer im Leichenschauhaus der kongolesischen Hauptstadt. Seine Aufgabe war es, Leichen zu waschen oder deren Reste in Plastiksäcke zu "schaufeln" und diese im Hof zu verbrennen. Doch anstatt die Leichenteile zu verbrennen, sammelte er diese und nahm sie am Wochenende mit Nach Hause. Dort setzte Guambe daraus 1,30 m hohe Figuren mit großen Köpfen zusammen. Damit sie stehen konnten, trieb er ihnen einen Pfahl durch den After bis zum Kopfende. Eines Nachts entdeckte eine motorisierte Militärpatrouille einen starken Lichtstrahl, der scheinbar aus dem Himmel kam. Sie fuhren in dessen Richtung, bis sie an eine Lichtung kamen, nahe dem Fluss Kroango. Ihren Augen bot sich ein Schreckensbild: Hier standen in einem Kreis über 40 bizarre Kadaver, manche davon fast vollkommen verwest. In der Mitte dieser schauerlichen Runde schwebte Patrick Guambe von einem Lichtstrahl erfasst, ca 3 Meter über dem Boden. Die Patrouille schoß aus Angst wild um sich, Guambe starb an über 50 Einschüssen. In seiner Hütte fand man später das Bild "Moi Extraterrest" (Ich Außerirdischer).

Natürlich, die unendlich vielen Untertassen-Bildchen in Schwarzweiß und Farbe stellen nichts weiter als ein buntes Potpourri aus dem archetypischen ufologischen Bilder-Fundus dar, sie sind nicht besser und nicht schlechter als die "echten" Aufnahmen, die man bei Hesemann oder Stevens findet. Eine ganze Reihe dieser Aufnahmen sind sogar extra-schlecht gemacht und verschmutzt um "besonders authentisch" zu wirken. Die ganze Spielbreite der möglichen fotografischen Trickpalette wurde hier eingesetzt. Zig Bilder sind einfach nur kindisch-naiv, andere wieder einfach nur nett. Überzeugt hat mich keines und selbst UFO-Fans werden es mit dieser "ultimativen UFO-Bilderbibel" schwer haben - können aber daraus viel lernen, eben dass ihre "Beweise" auch nicht besser sind! So gesehen kann man vielleicht der Brunwick´schen Fotosammlung sogar eine positive Seite abgewinnen, weil er den Leser mit der Quantität einfach unglaublicher Aufnahmen mieser Natur erschlägt und es offenkundig macht, woran man ist. Zwischen klassischen Fotoretuschen, hochgeworfenen oder aufgehängten untertassenartigen Objekten sowie dem "Papier-ans-Fenster-kleben"-Trick ist alles drin. Es scheint mir einfach so, dass Brunswick höchstselbst die Amateuraufnahmen seiner Weltreise nun zu UFO-Bildern umprimelte, um sie interessanter zu machen. Die Inspiration hierfür hat er eindeutig aber der UFOlogie entliehen, da sehr viele der Aufnahmen ihre dortige Entsprechung haben und man sich bei den meisten Bildern an irgendeine bekannte Untertassen-Aufnahme erinnert. So wirken die Brunswick-Bilder einfach nur wie der Versuch, genau diese "echten" Beweisfotos nachzumachen. Und es ist ihm zu bescheinigen: es gelang! Dies ist für mich die entscheidende Lehre aus diesem Band.

"UFO - Richard Brunswick Photocollection" ist eine spitzfindige Kuriositätensammlung ähnlicher einer bizarren Woody Allen-Geschichte mit mancherlei verstecktem Witz für mich, nicht mehr - nicht weniger (womit natürlich den UFO-Gläubigen sowie den Produzenten der "echten UFO-Fotos" der Spiegel vorgehalten wird). Wer etwas anderes darin sieht ist einfach selber Schuld und »zwischen den Zeilen« glaube ich genau dies auch herauszulesen... Dennoch ist die Gefahr groß, dass es die meisten UFO-Vernarrten nicht merken werden und deswegen aus dieser "UFO-Bilderbibel" den Tanz um das Goldene Kalb anstimmen werden. Daher kann ich nur ein "Daumen runter" hierfür vergeben. So mag der einführende Absatz des Herausgebers die versteckte Wahrheit enthalten: "Bevor der Menschen das Denken lernte, glaubte er... Heute glauben alle so ziemlich alles, denn die wissenschaftliche Welt hat sich diskret darauf verständigt, dass nicht unbedingt bewiesen werden muß, was denkbar ist..."


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