"Maintower"-UFO-Sondersendung setzt auf Pseudo-Sensationen und wildes Durcheinander

Tatort: 18.April auf HR3. Nachdem am Morgen des 31.Dezember 2001 bei Kranichstein ein vorgebliches unidentifiziertes Flugobjekt ausgemacht und videografiert worden war, bat mich das "Maintower"-Format um eine Bewertung. Ich entschied mich, dieses UFO als ein Flugzeug zu bewerten, welches bei seinem Landeanflug auf Frankfurt überflüssigen Resttreibstoff als "Umwelt-Ferkelei" auszulassen. Dazu bekennt sich freilich niemand und alle waschen ihre Hände in Unschuld. Dennoch geschieht dies immer wieder mal aus "Sicherheitsgründen", da schlußendlich Flugzeuge mit ihrem Kerosin soetwas wie "Fliegende Bomben" darstellen und Landemanöver zu den kritischsten Phasen des Fliegens zählen. Im aktuellen Fall teilte sogar die Flugüberwachung von Frankfurt mit, dass es keine ungewöhnlichen Flugaktivitäten im betroffenen Sektor gegeben habe - was ich sofort glaube, weil eben normaler Flugverkehr hierfür verantwortlich war und eine Kerosin-Schleppe freisetzte. Der verantwortliche Pilot wird freilich seine Umwelt-Sauerei nicht sofort den Behörden mitgeteilt haben. Die "Interessengemeinschaft gegen den Fluglärm e.V." teilte mir nach der originalen Meldung mit, dass derartige "Phänomene" rund um Frankfurt International keineswegs ungewohnt sind und immer wieder vorkommen, während die Verantwortlichen sich auf "mir wisse von nix" reduzieren um an diesem kritischen Standort nicht wieder in der Kritik zu stehen.

Derartige Pseudo-UFO-Meldungen wurden im Vorjahr aus Bremen und Berlin-Hohenschönhausen bekannt, jeweils genauso videografiert bzw fotografiert. Die umweltlichen Daten waren mit dem Phänomen von Kranichstein ident: In der Nähe eines Flughafens geschahen diese, es war zur Zeit des Sonnenauf- bzw Sonnenuntergangs und es war bitterkalt. Das Kranichstein-"UFO"-Video von etwa 6 1/2 Minuten Dauer ist eigentlich nichts wert, weil es hauptsächlich aus völlig unscharfen Zoomaufnahmen besteht und nur Falschbilder abliefert. Die Videopixel blähen die originale Erscheinung leider verfremdend auf und verzerren sie, wodurch auch diese "schwarzen Stellen" erscheinen. Zu sehen ist eigentlich nur ein Kondensationsphänomen und die aufgrund der unscharfen Aufnahme bedingten Bildverfälschungen. Diese Verfremdungen sind aus anderen "UFO-Beweisfällen" bestens bekannt. ZUDEM: es gibt dort auch einige wenige gute Sequenzen wo man einfach nur ein altbekanntes Bild sieht - nämlich der bekannte helle Lichtpunkt eines Flugzeugs aus dem rechts und links jeweils abgesetzt dann ganz normale Kondensstreifen zeigen.

In Folge dieses Films im Fernsehen meldeten sich unzählige Zuschauer, aber sie meldeten ETWAS GANZ ANDERES - auch wenn sie irrtümlich glaubten genau dieses Objekt ebenso ausgemacht zu haben! Sie sahen in der Silvesternacht orange-rote Leuchtbälle von einiger Größe durch die Gegend ziehen. Je nach Standort und Sicht darauf mehr oder weniger gut auszumachen. Einige Leute sahen das Ding so nah, dass sie auch an einen Ballon glaubten, nur war ihnen seltsam vorgekommen, dass da "soetwas wie Flammen darin züngelten" - eben weil sie die Vorstellung eines geschlossenen und mit Helium etc betriebenen Ballons haben und keine Ahnung von dem mit einer Brennerflamme inwändig versehenen Objektkörper haben, um den es in Wirklichkeit geht. Auch nichts Neues in Anbetracht des Silvester-Raketen-Ersatzartikels "Miniatur-Heißluftballon", der der Öffentlichkeit so gut wie unbekannt ist und daher immer wieder als "UFO" missverstanden wird. Dies war auch Anfang Januar mein Punkt, weshalb ich zur Aufklärung der Situation der verantwortlichen Maintower-Redakteurin vorschlug einen Beitrag zu machen, in dem man diesen Miniatur-Heißluftballon auch mal dem Publikum zeigt - und nicht nur darüber redet, da sich kaum jemand nur auf verbalen Darstellungen hin ein Bild machen kann. Und Fernsehen schließlich ein Bildermedium ist und damit die ideale Voraussetzung zur Demystifizierung und Aufklärung. Man war davon derart begeistert, dass alsbald die Idee sogar einer Sondersendung entstand über die wir uns mehrfach unterhielten und ich ganz konkrete Vorschläge machte, die auf Begeisterung stießen.

So ging ich dann in diese Sondersendung, die aber plötzlich ganz anders ausschaute als ich es mir aufgrund der Vorgespräche es vorstellte. Plötzlich waren unidentifiziert-scheinende Flugobjekte gleichsam auf die Stufe mit der Frage von "Gibt es Außerirdische?" gestellt worden, also wie immer und viel zu viele Einzelfacetten schlaglichtartig in Videoclips abgehandelt - ohne dass die Chance bestand jeden EINZELFALL genauer zu betrachten. Was hatte z.B. Roswell und der "Alien-Autopsie-Film" mit den Ereignissen von Kranichstein zu tun? Oder mit den Silvesternacht-Leuchtbällen? GAR NICHTS, überhaupt nichts. Ganz im Gegenteil, die Aufklärung dieser KERN-Ereignisse ging über den Jordan und wurde mit völlig unnötigen "Prominenten", die zur Sache gar nichts beitragen konnten, noch weiter verloren. Dies lief völlig unglücklich. Und die Folge? Kaum war ich aus Frankfurt zurückgekehrt, klingelte das Telefon Sturm und mein Anrufbeantworter war schon wieder "halb voll" mit Aufsagen - sogar aus Thüringen und Berlin sowie Thun in der Schweiz meldeten sich Menschen, die entweder in der vergangenen Silvesternacht oder in vorausgehenden Jahren (in einem Fall gar aus der Silvesternacht 1989) ebenfalls genau solche orange-roten flackernden Leuchtkugeln rund um die Silvesterballerei gesehen hatten und mir dies nun als ihr UFO-Bekenntnis vorstellten. Seit Freitagmorgen neun Uhr klingelt das Telefon weiterhin in dieser Sache Sturm bei mir... Dies wäre sicherlich nicht der Fall gewesen, wenn man fernsehgerecht die Aufklärung gezeigt hätte. Anstelle dessen gab´s kunderbunten Blödsinn als "Showeinlage" von einem Künstler der sich in der "Kunstszene" abheben will und sich vorgeblich als "außerirdisches Insekt" verstehen will... Für mich heißt es da nur: DAUMEN RUNTER! Das Fernsehen hat zwar ne Show abgeliefert, aber ansonsten wieder einmal versagt. Für den Zuschauer kam dabei nur zusätzliche Verwirrung heraus und es muß so manchem danach der Kopf geschwirrt haben.

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