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08.07.2002


    
Im Kino gehen die lustigen Männer in Schwarz bald auf Alien-Jagd

Doch die MIB gehören zu einem finsteren Teil der ufologischen Saga - und da ist Schluss mit lustig

Will Smith und Tommy Lee Jones sind wieder auf der Kinoleinwand im Armani-Chic, Ray-Ban-Sonnenbrille und supercoolen Sprüchen unterwegs um im Auftrag einer geheimen US-Regierungsbehörde außeridisches Gesocks zu verjagen oder ihnen Recht und Ordnung beizubringen. Smith und Jones sind die Männer in Schwarz (Men In Black), die in einer SF-Komödie nach Hollywood-Manier aufräumen. Doch sie haben einen Vorläufer. Will man der UFOlogie glauben, dann gab es zumindest Anfang der 50er Jahre echte Finstergesellen in Amerika, die als in schwarzen Anzügen gekleideten Männern UFO-Gläubigen Angst einjagen und vorgeblichen UFO-Zeugen mit "unbestechlichen Beweisen" wie "nie zuvor gesehenen Fliegenden Untertassen-Fotos oder -Filmen" das Material abkassierten und sie zum Schweigen bringen wollten. Sie verhinderten angeblich, dass die Welt von der realen Existenz der Fliegenden Untertassen und ihrer außerirdischen Piloten erfuhr. Und die Promoter des UFO-Glaubens damit selbst aus dem Schneider der Beweislast für ihre fantastischen Behauptungen waren. Aber auch dies ist nur die Folge einer weitaus bizarreren Basisgeschichte.

Historische Note: Es war jene Ära als die amerikanische UFOlogie gerade in den Märchengeschichten wie jenen von George Adamski schwelgte, der behauptete mit lichternen schönen Menschen "von nordischem Typ" in Kontakt zu stehen, die wie Engel in den Fliegenden Untertassen z.B. von der paradiesisch anmutenden Venus (unserem Nachbarplaneten näher zur Sonne) herbeikamen und Friedensbotschaften in einer kosmischen Neuoffenbarung verkündeten. Ein reines Freudenfest für New Age-Jünger und Esoteriker also, eine Erfolgsstory mit der die UFOlogie vorangetrieben wurde. Doch wie immer im Leben, polarisiert es sich und so mussten neue Geschichten mit einem neuen Thema für einen neuen Trend her. Hier die engelsgleichen Schönen vom Nachbarplaneten (der eigentlich selbst die Hölle ist, wie wir heute ja wissen), und dann - ja, eben die teuflischen dunklen Mächte als Gegengewicht - Gut gegen Böse. Geradezu klassisch, wie man es anhand der Akte X auch sehen kann.

Auf diesen Dreh kam ein junger Mann namens Albert Bender im Jahr 1953, der zusammen mit seinem Stiefvater in Bridgeport, Connecticut, lebte und wegen seiner Migräne-Anfälle keinen richtigen Job nachging. Viel lieber verweilte er in der Wohnung, die er "Kammer des Horrors" nannte. An den Wänden hingen Gemälde von Frankenstein, Dracula und dem Wolfsmenschen, von der Decke hingen Totenköpfe und künstliche Fledermäuse, Spinnen, Schlangen und Ratten lagen auf den Tischen und Schränken. Bender´s Beschäftigung war bis dahin gewesen sich Horror-Filme anzuschauen und SF-Geschichten zu lesen, sich mit dem Okkultismus und Schwarzer Magie zu beschäftigen. Seltsame Geschehnisse wie Poltergeister etc gehörten zu seinem Alltag. Genauso wie telepathische Botschaften, die er in seinem Kopf empfing. Und irgendwie gründete er dann als die Zeit reif war einen der ersten Fliegenden Untertassen-Fanklubs, eben das "International Flying Saucer Bureau"/IFSB. Damals war die Untertassenologie eine gespenstische Angelegenheit gewesen und weit davon entfernt soetwas wie wissenschaftliche Feld-Forschung zu betreiben, kein Wunder wenn zunächst SF-Fans von dem neuen Thema magisch angelockt wurden. Für sie waren es die "real-life counterparts" zu den imaginären Raumschiffen, die sie aus den Amazing Stories- und Astounding Science Fiction-Heften kannten.

Aus heutiger Sicht waren die Veröffentlichungen des IFSB auf billigen Groschenroman-Niveau angesiedelt, aber sie reizten die Menschen, weil die dort vorgebrachten Fantasien für Inspiration sorgten. Das IFSB wuchs rapide an, die Organisation wuchs weiter und weiter, verlor dabei immer mehr ihren jugendlichen Charme, weil immer mehr Leute ernsthafte Untersuchungen forderten. Erfolg war ihr beschienen weil das Thema zog. Bender gefiel dies immer weniger, er sponn sich lieber weiter utopische Geschichten zusammen. So ließ er sich eine fantastische, finstere Story einfallen, um sich von seiner selbst gegründeten Gruppe trennen zu können und es "logisch" und sauber für die Szene ausschauen zu lassen. Die MIBs, die er erfunden hatte, waren für ihn "paranormale Eindringlinge", die ihn angeblich in einem Raumschiff entführten und zum Südpol flogen. Dort sprach er mit den Okkupanten der Fliegenden Untertassen und er stellte sie sich als groteske Monster vor, die Mineralien aus unseren Ozeanen entnahmen um sie zu ihrem Heimatplaneten namens "Kazik" zu bringen. Die drei Männer in Schwarz, die ihn angeblich heimsuchten, besassen ganz besondere Augen: Sie glühten wie zwei Glühlampen. Die Story schlug ein. Bender hatte sich aus der UFOlogie verabschieden gekonnt und hinterließ eine "Brandmarke" mit seinem ufologischen Klassikerwerk »They Knew Too Much About Flying Saucers«, welches aufgrund seiner tollen Geschichte dann eigenständige Formen annahm und einen Mythos erweckte. Die MIBs wurden darin zur Erde zurückgeholt und neu gedeutet, indem man sie als Geheimagenten einer verborgenen Regierungsstelle ausgab, die dafür zu sorgen habe, dass angebliche UFO-Zeugen zum Schweigen gebracht werden und UFO-Beweise verschwinden. Also die frühen Elemente, aus der sich auch die 90er-Jahre Roswell-Story neu aufgefrischt und abgemixt bediente. Und dies ist auch irgendwie der Aufhänger für den aktuellen Kinofilm.

Das Vorausgehende ist nur ein kleines Beispiel von der Art "of wacky things" die im Saucerdom in diesen frühen Jahren liefen und als Spiritisten, Okkultisten, New Age-Jünger und Esoteriker das Feld für sich in Beschlag nahmen, weil die "Fliegenden Teller" ihnen einen neuen Sinn gaben und eine spirituelle Revolution boten. Und genauso wirkt dieser Dreh noch heutzutage bestens in der Ufo(o)logie. Wer die Vergangenheit kennt, versteht die Gegenwart besser. Dass das aktuelle Hollywood-Spektakel dann als Komödie daherkommt ist schon ein besonderes Zeichen.


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