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28.12.2002


    
UFO-Mythos: "Rael" ist selbst ein Klon der UFOlogie

Wie aus vielen ufologischen Konzeptionen ein seltsam-erfolgreicher Geschäftszweig wurde - basierend auf fast nur menschlichen Schwächen, Hoffnungen und Erwartungen

Vorab ein Zitat von Albert Einstein (1879-1955): "Zwei Dinge sind unendlich: Das Universum und die menschliche Dummheit. Aber beim Universum bin ich mir nicht ganz sicher."

Claude Vorilhon hat es "geschafft", er ist mal wieder in aller Munde. Wer am Samstag, den 28.Dezember 02, irgendwo auf dem Globus seine Tageszeitung aufschlug, bekam wieder eine wundersame Sensation geliefert. Radio- und Fernseh-Nachrichten vom Vortag waren schon Übervoll damit. Von "UFO-Gläubigen" ist da noch harmlos die Rede, aber wenn es um "unheimliche UFO-Sekten" oder gar wie in BILD um eine UFO-"Wissenschaftssekte" (was letzteres auch immer sein soll, wenn nicht gar nur eine der Wortschöpfungen der BILD) dann bleibt was in der Bevölkerung über das Image desjenigen hängen, der sich mit UFOs beschäftigt. Allesamt Wahnsinne oder Spinner, Scharlatane auf jeden Fall. Doch dieses Bild hat eine starke Schieflage oder sollen auch alle jene Menschen die einfach nur seltsame Lichter am Himmel gesehen haben und sie für unidentifizierte Flugobjekte (UFO) einstufen auch damit gemeint sein? Wenn Ja, dann tut man diesen Leuten völlig Unrecht - da sie wohl meistens nichts mit UFO-Sekten zu tun haben (wollen), schlimmstensfalls von ufologischen Ideen angeregt "Verzeichnungen" vornehmen (aber dies ist eine andere Sache). Aber als Ausfluss der aktuellen Berichterstattung ganz automatisch und ungewollt in diesen Strudel der esoterischen, spiritsistischen und/oder okkulten Kloaken-UFOlogie hineingezogen werden. Claude Vorilhon alias "Rael" wird dies alles wurscht sein, er sonnt sich gerne im Licht der Scheinwerfer - er ist eine ufologische Show-Type nach bestem amerikanischen Vorbild. Durch und durch, da ist auch nichts Zufall - abgesehen, das seine Neu-Offenbarungen vom Glück beseelt waren und er als Abenteurer damit ganz gut über die Runden kommt. Ja, frei nach dem alten Motto römischer Herrscher: Gebt dem Volk Brot und Spiele. Die religiöse Dimension des UFO-Phänomens nimmt nicht wenige Menschen gefangen. Doch wie immer bei den so genannten UFO-Kontaktlern handelt es sich auch hier um eine Mischung aus Dichtung, Fälschung und Tatsachenverdrehung. Vorgetäuscht und geschickt verpackt als "Wirklichkeit", als (Ups) "Realität. Für die seriöse Erforschung des UFO-Phänomens sind derartige Auswüchse natürlich wie eine Art "Pesthauch", auch wenn sich viele Jünger um solche Meister scharen und sich ihnen mit Leib und Seele verschreiben. Dennoch laufen in der UFOlogie solche Nummern bestens - wodurch die UFOlogie selbst eine fundamentale Gefahr für die wissenschaftliche UFO-Forschung ist. Man muss wirklich immer wieder feststellen, dass es bis Heute nicht gelungen ist, die Mikrobe der menschlichen Dummheit auszurotten.

Dabei ist die ganze "Rael"-Geschichte von Anfang an ufologisch durchgestylt und hebt sich von Billy Meier, dem Ashtar-Command und anderen Gruppen ab. Darauf kommt es auch an. Vorilhon wuchs in Frankreich auf, machte viele Jobs, war nirgends so recht erfolgreich und auch nicht glücklich damit. Seinen jüdischen Vater hatte er nie kennengelernt, der war abgehauen. Dann inmitten der großen UFO-Herbst-Winter-Welle 1973 hat er zu Weihnachten eine »Fliegende Untertasse« landen sehen, ganz eine solche wie sie schon einige Kontaktler vorher schon gemeldet hatten und wie George Adamski damit weltberühmt wurden. Dann stiegen Außerirdische aus und übermittelten ihm die neuzeitliche Weihnachtsbotschaft, für die natürlich er als "Rael" auf Erden werben solle, exklusiv. Doch die Aliens sahen dieses Mal ganz und gar anders aus, als die früheren Blondhaarigen, sie waren Mini-Jesus-Leute. Sie sahen aus wie kleine Jesuse, so wie man sich Jesus seit dem Mittelalter aufgrund des Turiner Grabtuchs und noch mehr kirchlichen Gemälden vorstellte. Sogar mit Heiligenschein um den Kopf. Dies war eine Neuigkeit und die außerirdische Offenbarung über genetisch zu erzeugende Kunstmenschen als Sklavenarbeiter und noch besser Sexmaschinen war noch besser. Passte geradezu in die Zeit - und manche Idee staubte "Rael" sich auch aus der gerade populär werdenen Prä-Astronautik ab (die "Elohim" waren dort gerade In). Zudem kam er ganz wie Uri Geller aus Israel so fernsehgerecht und charismatisch daher, geübt ist geübt. Fliegende Untertassen-Alien-Kontaktler gab es seit den frühen 50 er Jahren hauptsächlich in Amerika schon einige und sie wurden weltweit zu "Kultfiguren" einer merkwürdigen Szene, Europa war da etwas "befangener" und konnte mit dem amerikanischen Show-Bizz nicht richtig mithalten. Doch nur die angeblichen Kontaktler kamen ganz groß raus, die neue Facetten verstanden einzubringen und neue Faszinationen mit frischen Themen sowie Inhalten zu bieten hatten. "Rael" hatte dieses Glück zur rechten Zeit. In Frankreich interessierte man sich gerade mal wieder für UFOs, aber immer nur Beobachtungsberichte über Lichter in der Nacht wurden langweilig - was fehlte, war so eine "richtige Story". Der ehemalige Journalist Vorilhon, der das Geschäft kennt, bot sie. Business as usual. Von Anfang an, und ein bißerl bei den Kreationisten knapperte er sich dabei auch noch ab.

Und er sprach die jüngeren UFO-Fans als direkte Generation der 68er damals an, Flower-Power überall. Esoterik war In. "The Goods Have Landed" um neue Religionen von anderen Sternen herabzutragen. Und die Themen von Vorilhon waren modern: Nicht wenige Männer wünschen sich heimlich einen Harem, Sexmaschinen die ihnen laufend zu Willen sind. Und Sklaven, die für einem die Arbeit machen, sodass man sich nur noch und ganz und gar der sexuellen Lustbarkeit hingeben kann. Claude Vorilhon machte als "Rael" Träume und Wünsche zumindest auf dem Papier wahr. Zunächst nur dort, aber alsbald erschuf er sich eine Art französischen Aschram (den er sich freilich von Spenden seiner wachsenden Scharr an Anhängern bezahlen ließ, ist auch nichts Neues und nur von den indischen Guru-Scharlatanen abgeguckt) und dort die legendäre "Liebesgrotte" für ihn und die jungen Mädels seiner wachsenden Gefolgschaft. So kommt man auch gut über den Tag und kann sich immer neue Sachen ausdenken, der schwer-arbeitende Mensch kommt da gar nicht dazu. Als Geldeintreibungsmaschine diente die weitergetragene Vorstellung an seine "Raelianer", dass die Vereinigung in Israel auf heiligem Boden ein aufwändiges Botschaftsgebäude zum Empfang der Aliens im himmlischen Auftrag bauen möchte - und dazu brauchts Geld, die Spenden also. Dumm nur, dass die israelischen Behörden nicht mitmachten, wie engsinnig doch. Trotzdem, die Sekte wuchs und gedeihte, machte überall auf der Welt nationale Gruppen auf, bei deren Treffs es gelegentlich ziemlich pornomäßig zuging. Es war ja alles aus einer Zeit geboren worden, als die oberste Lebensdevise für einige Leute heißen konnte "Sex, Drugs & Rock´n´Roll!" Bei Rael für die Aliens zu Poppen war mit einem anderen Flair besetzt als auf dem Acker von Billy Meier´s schweizer UFO-Kommune FIGU Bäume zu pflanzen und Unkraut aus dem Erdreich zu zupfen. Während Meier mit seinen "Plejaden"-Außerirdischen sich noch viel Mühe gab, deren Untertassen kunstvoll auf Foto und Film festzuhalten, hatte Rael dies erstaunlicher Weise nicht nötig - seine Nummer lief auch so wie geschmiert. Obwohl beide zeitlich gesehen als europäische Nachbarn in Nachbarnationen miteinander in Konkurrenz standen.

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