. Zurück C E N A P

13.08.2005


    
Medien-Legenden um Himmelserscheinungen

2005: Die große Perseiden-Show - fiel aus, mal wieder

Festsitzende Medienlegende, Phantome des Himmels. Es ist schon eine Tradition, dass kurz vor Mitte August jedes Jahres das "Himmelsfeuerwerk" des Perseiden-Schauers ausgerufen wird und über eine dpa-Meldung alle Medien erreicht. (1) So auch dieses Jahr wurde dieser Standard aufgegriffen - obwohl schon in den vergangenen Jahren die Wirklichkeit anders ausschaute und das Auftreten von Sternschnuppen zwar höher als normal liegt, aber nicht wirklich ein Spektakel liefert - und schon gar keinen Regen. Es stimmt einfach schon einige Jahre nicht mehr, dass der Perseidenstrom "jedes Jahr Mitte August bis zu hundert Meteoren pro Stunde bietet" und "als relativ verlässliches Himmelsspektakel gilt". Und das Ergebnis nach der Nacht des Maximum vom 12.auf den 13.August war wie immer, eigentlich noch frustierender (jenseits des bewölkten Himmels an einigen Flecken der Republik). Wetterbeobachter und Amateurastronomen etc die sich wie sicherlich viele Bürger als erwartungsvolle Sterngucker betätigten und in günstigen Lagen Ausschau hielten waren enttäuscht, auch einige CENAPler die sich ebenso die Nacht um die Ohren geschlagen hatten. Ein Dauerbeobachter mit sechs Stunden Aushaarungszeit meldete 25 Sternschnüppchen in der Gesamtzeit. Dies ist ganz klar etwas ganz und gar anderes als ein "Himmelsfeuerwerk" mit bis zu 100 Schnuppen pro Stunde! Und dies war, wie bereits erwähnt, nicht das erste Mal ein FLOP. Sondern in den vergangenen Jahren war es immer wieder genaus so, und jedem "Meteorstrom" muss einmal wegen ´Materialmangel´ die Puste ausgehen. Nach wie vor war der Feuerball-Bolide aus der Mittwochnacht der Höhepunkt des Spektakels gewesen.

(1) = Die Basis war eine Meldung des Deutschen Wetter-Dienst. Nur was hat der DWD mit Sternschnuppen zu tun? Eigentlich gar nichts. Ist schon für sich seltsam.

Aufgrund dieser großen Ernüchterung verschickte ich Samstagmittag des 13.8. jene PM an die Agenturen:

>"Sternschnuppen-Feuerwerk" der Perseiden? Himmelschauer erlebten den großen Frust

Mannheim. In diesen Nächten war mal wieder ein großer Meteorstrom angesagt, der seine kosmischen Partikel in die Erdatmosphäre eindringen lässt und dort angeblich ein "Sternschnuppen-Feuerwerk" mit bis zu 100 Sternschnuppen per Stunde auslösen sollte. Ein Gruß des Perseiden-Meteorschauers sollte die Menschen erfreuen. Doch wie in den vergangenen Jahren schauten die allermeisten Himmelsschauer in einen unspektakulären Himmel. "Unzählige Menschen schauten in den vergangenen Nächten hoch. Wetterbeobachter, Astronomie- und UFO-Begeisterte hielten stundenlang durch um die mal wieder angekündigte Pracht zu beobachten. Doch es war der ein großer Frust auszumachen, der bei den Beobachtern aufkam", stellte Werner Walter vom Mannheimer Centralen Erforschungsnetz außergewöhnlicher Himmelsphänomene (CENAP) fest. Einzig und allein in der späten Mittwochnacht war "ein Superbrocken" auf einer Bahn zwischen Essen und Fürth (b.Nürnberg) dahingezischt und war ein "Feuerball-Bolide", der wie eine mächtige "Silvesterrakete" ausschaute und sogar für uninformierte Menschen einen UFO-Eindruck hergab.

"Bereits in den vorausgehenden Sommern fielen die Perseiden weit unter dem Niveau wie angekündigt aus und sorgten für Enttäuschung, dieses Jahr war es wegen teilweise bewölktem Himmel noch schlechter. Aber auch dort wo das Wetter mitspielte waren über zig Stunden hinweg gerade mal zwei Dutzend kleine Sternschnüppchen auszumachen gewesen, mit einem Feuerwerk hatte dies noch nicht einmal ansatzweise was zu tun", so Walter am Samstagmittag gegenüber unserer Agentur. <

Aufgegriffen wurde sie aber keineswegs, offenbar um sich nicht das eigene Nest zu beschmutzen und sich nicht ein ´Dauerthema´ zu nehmen, was ja über Jahre hinweg funktionierte (wenn auch ohne Berechtigung). Dabei sind die Meteorströme mit ihren außerordentlichen Verkündungen ob ihrer besonderen Ausprägung seit vielen Jahren schon eine Legende, die sich aber als Thema immer gut machen und wirklich trotz dem erfahrungsgemäßen und praktischen Gegenteil aus der Wirklichkeit heraus ein Medien-Mythos aufmachen. Es sind immer ´Bilder´, die die Macher prägen - in diesem Fall hängt scheinbar eine oftmals gezeigte Zeichnung vom Leonidenschauer 1833 in der Nacht vom 12. auf den 13.November in Amerika (1), "der Angst und Schrecken verbreitete", in den Köpfen als Vorstellung nach - demnach regnete es die Schnuppen geradezu vom Himmel. Doch darf man dies 1:1 nehmen? Oder wurde hier künstlerisch einfach nur eine über eine größere Zeitspanne wahrgenommene Sternschnuppen-Konzentration "zusammengefasst" oder ist dies einfach nur Übertreibung? Ein Hinweis darauf ist schon einmal die sicherlich totale falsche Darstellung des "Meteorregens" in Gestalt dessen, dass das Sternschnuppen massenhaft wirklich senkrecht vom Himmel fallen. Dies ist einfach physikalisch schon ein Unfug. Aber dramatisch schaut dies schon auf der Zeichnung aus, egal wie falsch sie ist. Und genau die hier zu sehende romantisierte Pseudo-Schau von einem Meteor-Hagel haftet den Leuten im Kopf - den Menschen mitten unter uns, und denen in den Redaktionsstuben, die ebenso nur Menschen mitten unter uns sind. Und die lassen sich von den Standards ebenso beeinflussen und leiten wie andere Leute auch. DOCH, dies ist keine wirkliche Entschuldigung - weil genau jene Journalisten eigentlich erst einmal hinterfragen sollten, "ob es so ist wie berichtet". Seltsamer Weise ist nach den vorausgehenden Pleiten mit den jeweils großartig angekündigten Sternschnuppen-Feuerwerken und den darauf eben nicht eintretenden Himmelsschauspielen diese journalistische Minimalleistung nicht gegeben.

(1) = Nach damaligen Zeugenaussagen "stand die Welt im Flammen". Was sicherlich nicht korrekt ist, da sie auch am nächsten Tag wie immer erschien. Da muss man sich dringlich an die Medien-Legende um das Radiohörspiel "Krieg der Welten" von Halloween 1938 erinnern, welches weitaus dramatischer durch die Medien dargestellt wurde, als es jemals damals war.

Greifen wir die ´Neue Zürcher Zeitung´ vom 11.11.1998 auf - "Feuer am Himmel" war die Headline zum "Leonidensturm" vom 17.November damals. Schon hier wurde erklärt, dass der Meteorschauer in diesem Jahr "aussergewöhnlich stark sein wird". Von "1000 Meteore pro Stunde" war hier die Rede und der Gefahr für alle Satelliten in der Erdumlaufbahn. Noch eines draufgesetzt: Lt. "der Internationalen Meteor-Organisation können es aber auch zehnmal mehr sein". Hier wird auch auf die angeblich allerseits mächtigsten Meteorregen jemals Bezug genommen: "Am 17.November 1966 erlebte der Westen der USA ein phantastisches Schauspiel. Beobachter in Arizona zählten bis zu 2400 Sternschnuppen pro Minute oder gegen 150000 pro Stunde." Dies allein ist schon wahrhaft unglaublich aus rationalen Gründen heraus - da ja niemand dies abstoppen und zählen kann. Wie auch?

Der Gefahrenmoment bleibt haften. Wie wir bereits bei der Berichterstattung zum Einsatz der US-Raumfähre DISCOVERY gesehen haben sind die dramatischen und potentiellen Gefahrenmomente immer im Hinterkopf der Medienleute (und ja, sie geiern heimlich danach dass da was schief läuft und mit live-Bildern dazu aufwarten können). So gilt es auch seit Jahren für die Sternschnuppen-Ströme, die meistens mit der Gefahr für die im erdnahen Raum treibenden Satelliten aufgemacht werden. Dabei gilt diese Gefahr durch Meteore immer und grundsätzlich für jene Objekte als Versicherungs-Rest-Risiko. Doch bisher ist noch kein Satellit durch einen Meteor "abgeschossen" worden, weitaus öfter dagegen wurden Satelliten durch ´Sonnenwinde´ paralysiert.


Views: 3118