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02.07.2005


    
Mannheim: Im Krieg gegen die kleinen, grünen Männchen

Seit 30 Jahren erklärt der Mannheimer Werner Walter den Menschen scheinbar mysteriöse Phänomene am Himmel

Im Krieg gegen die kleinen, grünen Männchen

Seit 30 Jahren erklärt der Mannheimer Werner Walter den Menschen scheinbar mysteriöse Phänomene am Himmel

Von unserem Redaktionsmitglied Timo Schmidhuber

Heute könnte so etwas nicht mehr passieren, da ist sich Werner Walter ziemlich sicher: Dass Leute ein Hörspiel im Radio für bare Münze nehmen und in Panik ausbrechen, weil sie denken, Außerirdische vom Mars greifen die Erde an. Heute, sagt der Mannheimer Hobby-Astronom, gebe es keine Hysterie mehr um fliegende Untertassen und grüne Männchen.

Vor 70 Jahren war das noch ganz anders. Da versetzte die Radiofassung von H.G. Wells´ Science-Fiction-Roman "Krieg der Welten", dessen Verfilmung jetzt im Kino läuft, tausende Amerikaner in Angst und Schrecken. Und auch vor 30 Jahren wäre so etwas nach Einschätzung von Werner Walter noch möglich gewesen. Zu dieser Zeit, 1976, gründete der damals 17-Jährige mit seinem Kumpel Hans-Jürgen Köhler in Mannheim das bundesweit erste "Centrale Erforschungsnetz außergewöhnlicher Himmelsphänomene" (Cenap). Damals gab es sie noch, die Ufo-Hysterie, die über Romane, Comics oder reißerische Artikel in Boulevardzeitungen ihren Weg in die Köpfe der Menschen gefunden hatte. Dass sie von dort mittlerweile wieder verschwunden ist, daran hat auch die ehrenamtliche Aufklärungsarbeit von Cenap ihren Anteil.

Walter und Köhler wollten den Leuten erklären, wie es zu den scheinbar mysteriösen Lichterscheinungen kommt, die sie am Himmel gesehen haben. An den Sternwarten, erzählt Walter, bekamen die Menschen keine Hilfe. "Dort interessiert man sich für die Ufo-Thematik nicht." Dabei ist ein Ufo nicht automatisch eine fliegende Untertasse. Der Begriff ist laut Walter zunächst völlig wertneutral und bedeutet "Unidentifiziertes Flugobjekt".

Seit fast 30 Jahren lässt sich der hauptberufliche Einzelhandelskaufmann Walter von Menschen aus ganz Deutschland am Telefon beschreiben, was sie am Himmel gesehen haben, und gibt ihnen aus seiner Wohnung in einem Mehrfamilienhaus auf der Vogelstang eine Erklärung dafür. Etwa, dass es sich bei dem vermeintlichen Scheinwerfer eines Flugobjekts, der derzeit am westlichen Abendhimmel nach Sonnenuntergang leuchtet, tatsächlich um ein außerirdisches Objekt handelt - nämlich den Nachbarplaneten Venus. "Die Konstellation zwischen Erde, Sonne und Venus ist in diesem Sommer so, dass die untergehende Sonne die Venus anstrahlt", erklärt der Experte. Auch Feuerballboliden werden oft für Raumschiffe aus fernen Galaxien gehalten. "In Wirklichkeit sind es Trümmer aus der Entstehungszeit des Universums", erläutert der 47-Jährige. "Die treten in die Erdatmosphäre ein und verglühen - wie eine Sternschnuppe." Ein solches Lichtspektakel ist über eine große Entfernung zu sehen. Dann steht in Walters Arbeitszimmer das Telefon drei Tage lang nicht mehr still. Er will möglichst alle Anrufe beantworten, dabei ist er umringt von Postern, die das Weltraumteleskop "Hubble" oder Außerirdischen mit großen Köpfen und leeren Augen zeigen. Im Schnitt hat der Hobby-Astronom ungefähr 150 Anrufe pro Jahr. Das Cenap ist bekannt, Planetarien und Sternwarten geben die Nummer weiter.

Manchmal aber haben die Erscheinungen am Himmel auch eine ganz irdische Ursache. Wie die orangene Kugel, die Werner Walters Briefträgerin kürzlich fünf Minuten lang am Nachthimmel über Wallstadt gesehen hat. Keine unheimliche Begegnung mit der dritten Art, sondern ein Miniaturheißluftballon. "Unten ist ein brennbarer Stoff drin, der die Luft erwärmt und den Ballon zum Steigen bringt - ein häufiger Party-Gag", konnte Walter seine Postzustellerin beruhigen. Trotzdem haben viele Menschen zunächst Scheu, ihn zu fragen. Denn wenn es um Ufos gehe, schwinge die fliegende Untertasse doch immer irgendwie mit, sagt er. Die Leute hätten Angst, mit ihren Fragen für verrückt gehalten zu werden.

Aber was wäre, wenn tatsächlich eines Tages Außerirdische die Welt besuchen. Würde ein Profi wie Werner Walter das überhaupt noch merken? Oder hätte er eine ganz rationale Erklärung dafür? Sie müssten dann eben so spektakulär auftreten, dass sie gleich zu erkennen sind, sagt der Hobby-Astronom. Auf jeden Fall, da ist sich Walter sicher, wären die Außerirdischen friedlich. Keine Fieslinge, wie sie derzeit im Kino zu sehen sind.

Das Cenap ist zu erreichen unter der Telefonnummer 0621/70 13 70, Infos gibt es unter www.cenap.de

Quelle: Bergsträsser Anzeiger/Mannheimer Morgen/Südhessen Morgen/Schwetziger Zeitung, 2.Juli 2005


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