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02.06.2003


    
Es geht los: Mars macht mobil

Europas "Mars-Express" ist unterwegs, das Wettrennen zum roten Planeten setzt ein und erstmals findet die kosmische Invasion von Erden aus statt

Lange Zeit dachten und glaubten die Menschen, es gäbe eine Invasion von "Marsmännchen" in Gestalt der legendären und für manchen Witz guten »Fliegenden Untertassen«. Nun hat sich das Bild verschoben - die Irdischen setzen zur Marsinvasion mit ihren Raumschiffen ganz konkret und real an! Der Mars-Run ist ein großes Thema diese Woche - schauen sie nur einmal auf die SPIEGEL-Titelseite oder holen Sie das aktuelle Heft von STERNE UND WELTRAUM am Kiosk ab. Die Nachrichten des Tages sind vollgepumpt mit unseren Invasionsversuchen Richtung Mars, der langsam uns "immer näher kommt" und am 28.August 2003 nur 56 Mio Km von der Erde entfernt ist - wie seit Jahrtausenden nicht mehr so nahe. Wenn JETZT schon eine Mars-Hybe aufkommt, was ist dann erst dann los, wenn der Mars als rotleuchtende Kugel an unserem Nachthimmel leuchtet? Mitten im Sommer, spät in der Nacht - wo viele Leute draussen sind.

Wir wissen, das ja selbst Venus und Jupiter zu bestimmten Zeiten wieder und wieder als UFOs erkannt/fehlerkannt werden. Ich kann ein Lied als Betreiber der deutschen UFO-Meldestelle davon singen. Doch was kommt da im Umfeld der "Mars-Hysterie" hoch? Mir graut es jetzt schon davor, wenn man sieht welche Auswirkungen die letzte deutsche Mars-Aufregung mit sich brachte:

Mars in nächster Nähe - 64.000.000 Kilometer entfernt berichtete am 2.Juli 1954 der Mannheimer Morgen: Auch himmlische Ereignisse werfen, wie man am vergangenen Mittwoch feststellen konnte, bemerkenswerte Schatten. Dieser Schatten kam vom Mond, rutschte rechts oben in die Sonne hinein, links unten heraus - und war dann leider nicht verschwunden, sondern landete im Schlagschatten auf unserem Redaktionstisch. Die partielle Sonnenfinsternis war nämlich - ohne besondere politische Gründe - auf der ersten Seite unserer gestrigen Ausgabe im "Umkehrverfahren" festgenagelt worden. Der Himmel möge uns verzeihen... Er hat uns bereits verziehen, denn er sandte umgehend ein neues Ereignis, das gewöhnliche Sterbliche ohne Riesenfernrohr zwar nicht wahrnehmen können, das aber dennoch in Fachkreisen als das zur Zeit markanteste und aufregendste im Weltall gilt. Was dem einen der Fußball, ist eben dem anderen der Mars. Und dieser rote Bruderplanet veranlaßt heute, 9 Uhr Mitteleuropäischer Zeit, alle Sterngucker dazu, den Atem anzuhalten und durch Riesenteleskope modernster Bauart nach den sagenhaften Marskanälen zu forschen oder ganz nebenbei die Flugbasen der Fliegenden Untertassen zu entdecken. Die größte "Kanone" steht dabei nicht im Tor, sondern auf dem Mount Palomar und verfügt über ein Fünf-Meter-Teleskop, dem man schon einiges zutrauen darf. Besonderer Anlaß dieser Aufregung ist die Tatsache, dass sich Bruder Mars um 9 Uhr MEZ in größter Erdnähe befindet - aber immer noch 64 Millionen Kilometer vom Schwesterlein Erde entfernt seine Kreise zieht. Diese Entfernung ist doch recht beruhigend für alle, die gerne von Marsungeheuern träumen, was jedoch nicht ausschließt, dass man wieder einmal gelegenheit hat, von Marskanälen und Raumschiffen zu sprechen. Ein sehr beliebtes Thema, bei dem der Phantasie keine Grenzen gesetzt sind. Immerhin, schon manche Utopie wurde Wirklichkeit: Siehe Fußballweltmeisterschaft.

Und schon gings mit »Fliegenden Untertassen«-Meldungen fieberhaft los: Mysteriöse Flugobjekte am Berliner Himmel - Neues Radargerät in Tempelhof soll "Fliegende Untertassen" beobachteten meldete am 3.Juli 1954 Der Tagesspiegel. Wieder: Fliegende Untertassen meldete am 5.Juli 1954 die Abendzeitung. Fliegende Untertassen über Deutschland? hieß der überformatige Titelaufmacher des ersten Juliheftes (Nr.14/1954) der Zeitschrift Bunte Illustrierte mit einer dramatischen Untertassen-Angriffs-Szene aus dem gerade von Paramount in Deutschland und Europa gestarteten Kinofilm "Kampf der Welten" (später: "Krieg der Welten"). Sicherlich war dieser Aufmacher (gerade auch wegen des Zeitschriftenformats!) am Kiosk nicht zu übersehen. Deutsche Piloten suchten unbekanntes Flugobjekt - Amerikanische Geheimberichte bestätigen Existenz "Fliegender Untertassen" hieß es dann als Schlagzeile auf S.2/3 der Zeitschrift. Fliegende Untertasse auf Farbfilm? Fotograf "schoß" sie während der Sonnenfinsternis aus dem Flugzeuge meldete am 8.Juli 1954 die Kölnische Rundschau. Undundund.


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