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01.04.2000


    
ZDF: Besucher aus dem All? - Teil 2

Wenn das Fernsehen ein Thema nicht fassen kann

Nach diesen ersten 20 Minuten der einstündigen Sendung kam zwar noch nicht viel rüber, aber zumindest konnte Herrmann ausführen, dass die Wissenschaft "all diesen Themen" gegenüber ein zwiespältiges Gefühl mitbringt. Die einen sagen, dies sei alles Quatsch und man solle sich damit erst gar nicht beschäftigen, während die anderen sagen, dass sie solche Sachen schon spannend finden und man sich die angeblichen Beweise schon mal ansehen solle, weil dies ja auch Aufgabe der Wissenschaft sei. Er selbst kann nur zwecks Außerirdischen sagen, dass man "de fakto können wir heute nur sagen, wir wissen es nicht, ob es Außerirdische gibt", auch wenn er persönlich glaubt, dass es sie gibt. Energisch bestritt er jedoch, dass die Außerirdischen in UFOs schon hier waren - "dafür sehe ich keine Beweise".

Klaus Richter, der im Publikum (zumindest in der Ersten Reihe) saß, konnte dazu noch seine Meinung und Ansicht einbringen, indem er an Prof.Herrmann gerichtet feststellte, dass der "Goldflieger" inzwischen in Norddeutschland von drei Ingenieuren als Handmodell nachgebaut wurde und ob seiner hervorragenden aerodynamischen Eigenschaften tatsächlich richtig gut flog. Dann setzte er zum Sirius-Rätsel an und wollte da noch was ausführen, wurde hierbei aber charmant von der Moderatorin unterbrochen, "weil wir es nicht zu spezifisch machen wollen, da die Zuschauer nicht so in der Materie drin sind". Doch, zum Glück, ließ sich Richter nicht unterbuttern und sprach weiter. Dies hätte (hätte!) eine für den Zuschauer interessante weitere Debatte geben können, da Herrmann offenbar da auch noch was auf der Pfanne hatte, doch wieder wollte die Moderatorin "die wissenschaftliche Ebene verlassen, weil wir doch schlichte Normalmenschen sind" und sprang so zu ihrem nächsten Stichwort rüber: den Science-Fiction-geschichten aus Kino und Fernsehen. Bevor hier die Sendung von mir weiter begleitet werden soll, muß ich aber einen "break" machen.

Niemand wird bestreiten, dass diese manierliche Talkshow eine Unterhaltungssendung ist, aber man hatte sich nicht nur ein SF-Thema, sondern auch einer wissenschaftlichen Fragestellung zugeneigt - weswegen schlueßendlich auch Zuschauer vor die Flimmerkiste gelockt werden sollen. Also muß es hier auch möglich sein, im Gegensatz zur Ansicht der Moderatorin, tiefergehende Betrachtungen Pro und Kontra zuzulassen und nicht bei Schlagwörtern zu bleiben. Schließlich hat diese Show eine volle Sendezeit von einer Stunde! Der Zuschauer am Bildschirm hat nämlich eingeschaltet, weil ihn das Thema sachlich interessiert und er auf der Zunge liegende Fragen beantwortet haben möchte. Um eine Lösung zu finden ist nun einmal das fachliche Gesprach, der Austausch und das Anhören von Inhalten notwendig - sonst kann man es nämlich bleiben lassen! Dies wurde hier versäumt, um den vorgezeichneten Programmpunkten eine Kontinuität zu geben, dies mag wohl vom Programmverlauf her richtig sein, aber der Zuschauer bleibt unbefriedigt zurück.

Im Publikum saß auch Silvia Rietdorff vom größten Akte X-Fanclub aus Berlin, die kurz zur Serie was ausführen konnte und auch eingestand zu glauben, dass es irgendwo im Kosmos vielleicht auf geringstem biologischen Level Leben geben mag. Dies war dann auch der Übergang, um nach einer halben Stunden des eigentlichen "Stargast" der Sendung, Ulf Merbold, ins Spiel zu bringen, schließlich war er schon einmal da oben. Zunächst nannte er den bisherigen Verlauf "unstrukturiert" und dann da der 1.April ist, "kann man nicht alles so ernst nehmen". Da er aber schon einen Blick von da oben auf uns herunter genoßen hat, blieb noch ein bißchen von ihm da oben zurück und seine Erklärung, dass man sich in der Phantasie alles ausdenken kann und man dies schon ganz früher getan hat, was dann die Mythologien bestimmte, ist sicherlich auch zutreffend, aber jeder Stammtisch-Philosoph hätte dies genauso sagen können. Zumindest gefiel mir, dass er die Fragen "außerirdisches Leben" und "außerirdische Besuche" strikt trennen wollte. Außerirdisches Leben hielt er übrigens für möglich, aber dass es hierher käme hält er wegen den großen Entfernungen im Kosmos und den Gesetzen der Physik für "unmöglich". Nun folgte der für mich vielleicht interessanteste Aspekt der ganzen Sendung. Die Moderatorin griff nämlich ein beliebiges Argument des "Mannes auf der Straße" auf: "Vielleicht gibt es da ein paar Wesen, die noch intelligenter sind als wir, und vielleicht sind die uns ein paar Schritte in der Entwicklung voraus.." Merbold: "Die Naturgesetze haben ja mit der Intelligenz nichts zu tun. Intelligenz heißt ja nur, dass wir lernen die Gesetze der Natur zu nutzen, aber wir können damit doch die Natur nicht verändern. Wir können nur mit dem leben und arbeiten, was uns die Natur vorgibt."

Das knappe zweite Teil der Sendung kümmerte sich eher um "weltraum-romantische" Seiten der Thematik und das Thema der Sendung "Besucher aus dem All?" wurde eigentlich nicht mehr so richtig aufgegriffen, so gesehen wäre vielleicht ein Titel wie "Der Weltraum und wir" besser gewesen, hätte aber weniger Zuschauer gezogen. Doch SF-Phantasien waren nicht Merbold´s Ding, auch wenn die Moderatorin diese gerne aus ihm herausgekitzelt hätte. So kam auch Frank Völzer als Star Trek-Fan in die Runde, der die Technik der Serie genauer betrachten wollte, wozu er auch eingeladen worden war. Und schon ging das Gespräch immer mehr vom Thema weg und für mich waren die letzten 20 Minuten waren dann unter der Themavorgabe für mich völlig uninteressant.

Was bleibt? Eine volle Stunde Sendezeit, nur eine kleine Gruppe von drei Gesprächspartnern für die Moderatorin, keine Flippigkeiten, keine grellen Typen (!) - und dennoch wurde das vorgegebene Thema nicht "gepackt" und ob man diese Sendung gesehen hat oder nicht, auch als Interessierter, ist eigentlich völlig egal. Die Voraussetzungen waren ideal gewesen, um auch was rüberzubringen, Informationen und Aufklärung zu vermitteln. Doch dies ging schief. Die Gründe sind einfach: a) Ulf Merbold brachte eigentlich zum Thema nichts ein und hätte auch gerne zu Hause bleiben können; b) die Einbindung von SF und "Weltraum-Romantik" war in dem Ausmaß unnötig, weil das Kernthema noch nicht einmal richtig im Ansatz umfasst worden war. Zuviele Facetten sollten abgedeckt werden, und dies mußte in diesem Rahmen scheidern. Ich wußte eigentlich gar nicht mehr konkret um was es ging, um "Leben im Weltraum" als Grundsatzfrage, um "Aliens", "SF und die Aliens" oder um "Besucher aus dem All" und noch einiges mehr, wenn man sieht, dass hier auch der Prä-Astronautik gleich zu Anfang an Platz eingeräumt wurde? Einfach viel zu viel für so ein komplexes Thema. Um UFOs und die Grauen ging dabei eigentlich schon gar nicht mehr.

Hier hat die Redaktion sich zwar bemüht eine Leben im Weltall-Dokumentation zum Thema in Form einer Gesprächsrunde zu packen, dabei mußte sie versagen, da Format, Art und Stil einer Talkshow dies unmöglich macht ein solch breites Spektrum hier zu fassen. Weniger wäre hier mehr gewesen und ich weiß nicht, ob ich mit dieser Sendung zufriedener bin als mit den schrillen Krawall-Talkshows der Privaten. Und Sie wissen, dass ich als Gast zahlreicher solcher Sendungen und als Kritiker dieser weiß von was ich spreche...


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